Eine sehr ausgeglichene Gruppe spielt 1996 in der Bundesliga Süd. Am Tabellenende sind die Ladenburg Romans nicht konkurrenzfähig. Die Regensburg Legionäre haben in ihrem zweiten Bundesligajahr ebenfalls große Schwierigkeiten, starten mit 18 Niederlagen und schaffen erst am 10. Spieltag mit dem 6:5 gegen Mainz den ersten ihrer fünf Saisonsiege. Die Cologne Dodgers haben eine negative Bilanz, sind aber dennoch eine Gefahr für die stärkeren Teams und selbst der Meister (erneut die Trier Cardinals) verliert sieben Saisonspiele – außergewöhnlich viele.
Die Athletics ändern ihre Vereinsphilosophie komplett: Die Grüppchenbildung, die vielen internen Reibereien innerhalb der Mannschaft beenden – das ist die Mission für den neuen Coach Marc Wiedmaier, der als Vereinsgründer, langjähriger Spieler und Nachwuchstrainer das Umfeld besser kennt als fast jeder andere.Wiedmaiers aktive Karriere ist damit vorbei. Es ist seine eigene Entscheidung: „Mir war es nicht so angenehm, zu spielen und zu coachen“, erklärt er im Rückblick. Nur zweimal spielt er noch mit. Auch andere verlassen die Athletics – mehr oder weniger: Charles Edmond spielt kaum noch eine Rolle, Richard Jackson, Rolf Krämer, Harold Littlejohn, Derek Maak und Rafael Merced waren in den vorherigen Jahren Stammspieler und stehen jetzt nicht mehr im Kader. „Ich habe ein paar von den älteren Spielern rausbefördert und versucht, neue einzubauen“, erklärt Wiedmaier. „Wir wussten: Wenn wir ein bisschen Zeit in die Jungen investieren, bekommen wir sie auch auf deren Niveau oder noch darüber. Das hat gut geklappt.“
Lutz Orawski ist der erste Nachwuchsspieler seiner Generation, der sich in der Bundesliga festsetzt; bald verliert er seine Rolle an der zweiten Base jedoch an den 1995 aus Darmstadt verpflichteten und nun in den Erstligakader aufgerückten Deutschtürken Alper Bozkurt, der sich schnell zu einem der besten Bundesligaspieler auf dieser Position entwickelt. Sascha Hübler bekommt weitere Einsätze, Ken Höfel seine ersten – und am dritten Spieltag taucht gegen Regensburg zum ersten Mal Janusz Radicke im Outfield auf. „Das war eine relativ starke Veränderung“, sagt Wiedmaier. „Die Mannschaft war viel jünger. Niewi und Kaus waren die Ältesten. Wir hatten jetzt auch mehr Struktur im Kader.“Der wurde von außen gut verstärkt: „Weil Lokstedt uns 1995 mit ordentlichen Amerikanern geschlagen hat, wollten wir versuchen, selbst welche zu finden.“ Catcher José Esparza kommt wieder nach Mainz und bringt seinen Freund Óscar Baraja mit, der im Centerfield eine gute Rolle spielt und im Angriff acht Homeruns schlägt. Arndt Wiedmaier charakterisiert Baraja als „extrem guten Powerhitter, der aber nur im Outfield spielen konnte und das auch nicht überragend gut, Er hat auch mal im Infield gespielt, aber viele Fehler gemacht, so dass wir ihn wieder nach außen gestellt haben. Am Schlag war er sehr wertvoll.“ Der neue Shortstop ist ein alter Bekannter: Glen Buckley aus Südafrika spielte bereits für Leonberg und Trier in der Bundesliga. „Weil die südafrikanische Saison sich nicht mit der deutschen überschneidet, konnte er immer beide spielen“, sagt Arndt Wiedmaier. Ergänzt wird die Mannschaft durch Stefan Niewiadomski an der ersten und Stephan Kaus an der dritten Base, Dietger Nieder im Leftfield und Rolf Wirth im Rightfield.
Marc Lang und Alexander Dundik bleiben die Starter, Buckley und der Allrounder Tony Ciminiera die Closer. Dazu kommt eher durch Zufall ein Pitcher, der in den folgenden Jahren noch sehr wertvoll wird: Karl-Kai McKinstry. „Der ist uns mehr oder weniger zugelaufen“, sagt Arndt Wiedmaier. Der Kanadier, der im Baseball dank seiner deutschen Mutter und den Vorfahren an der Mosel als Deutscher gilt, arbeitet in einem Hotel im Taunus und sucht eine Baseballmannschaft in der Nähe. „Kai war ein linkshändiger Pitcher“, sagt Arndt Wiedmaier, „der nicht sehr fest geworfen hat, aber sehr gute Kontrolle hatte. Er war einer der besten Linkshänder, die wir je im Verein hatten. Angesichts Dundiks nahenden Karriereendes bringt seine Ankunft die A’s in die komfortable Saison, keinen weiteren deutschen Starter suchen zu müssen.“Die Saison endet allerdings wie immer. „Gut gespielt, früh rausgeflogen“, sagt Arndt Wiedmaier. Durch Stefan Niewiadomskis Walkoff-Hit gehen die A’s in der Viertelfinalserie gegen die Lokstedt Stealers mit 1:0 Siegen in Führung. Das zweite Spiel verlieren sie knapp, für das dritte fehlt ihnen ein guter Starter. So sind die Spiele gegen die Hamburger zum dritten Mal in Folge der Saisonabschluss. „Wir hätten Lokstedt schlagen können“, sagt Marc Wiedmaier. „So gut wie in diesem Jahr hatten wir gegen sie noch nie gespielt. Aber unterm Strich war die Saison in Ordnung.“ cka / Fotos: Mainz Athletics