2005 müssen sich die Athletics schon wieder an einen neuen Coach gewöhnen. Nach Greg Fradys überstürzter Rückkehr in die Vereinigten Staaten holen die A’s seinen Landsmann Zeke Mitchem von einem College im mittleren Westen der USA. Mitchem ist ein Innovator. „Er kam mit guten Ideen, für die der Verein aber noch nicht bereit war“, sagt Martin Kipphan. „Aber vieles davon machen wir noch heute. Cae und Ulli haben einiges von ihm gelernt.“
Zum Beispiel hinsichtlich der Trainingsgestaltung. „Vorher haben wir erst Defense trainiert, da hat jeder seine Groundballs bekommen“, erklärt Kipphan. „Danach wird gehauen, dann ist das Training rum. Und bei Mitchem waren plötzlich neun Bälle gleichzeitig im Spiel und jeder hat etwas anderes gemacht. Wir wurden in sechs Gruppen aufgeteilt, alle zehn Minuten kamen verschiedene Übungen an die Reihe. Das war krass.“
Vor allem kümmert sich der neue Coach intensiv um die jungen Spieler. „Das ist das einzige, was man Frady vorwerfen konnte“, sagt Kipphan. „Julian Aufenanger, Max Boldt, ich, wir dachten manchmal, dass Frady unsere Namen gar nicht weiß. Wir haben von Mitchem viel gelernt. Im ersten Jahr war das unglaublich. Im zweiten hat es sich halt schlagartig geändert. Wir waren 2005 überzeugt von ihm. Er war ein netter Kerl, nicht unbedingt so professionell wie Frady, aber wir kamen gut mit ihm zurecht. Er hat immer gesagt, dass er mit uns langfristig etwas aufbauen und zehn Jahre bleiben will.“ Zumindest in dieser ersten Saison.Innerhalb der Mannschaft ändert sich nicht viel. Vier Mann sind nicht mehr dabei, aber bis auf Kristof Brockmann keiner, der 2004 mehr als die Hälfte der Spiele absolviert hat. Neu ist Cae Santos, der wie sein Vorgänger Jim Booth nur jedes zweite Spiel absolvieren darf: Die Ausländerregel erlaubt nur zwei Nicht-EU-Spieler im Feld. Im ersten Spiel eines Doubleheaders sind Eddie Martínez und Ryan Balan gesetzt, im zweiten pitcht Balan, so dass ein Platz frei wird. Und im Laufe der Saison kommt Ulli Wermuth vom US-College zurück.
Mitchems größtes Problem ist die Verletzung seines Stars. Manuel Möller plagt sich mit einer Schulterverletzung herum – das Gelenk ist überlastet. Dementsprechend schlecht ist die Bilanz der Mainzer in den Spielen, die Möller 2004 noch dominierte: Elf der 14 Doubleheader des Vorjahres eröffneten die A’s mit einem Sieg. 2005 verlieren der angeschlagene Möller und seine Aushilfen Dominic Maric und Julian Aufenanger neun Partien. Selbst die Baldham Boars, die sich mit 27 Niederlagen aus der Bundesliga verabschieden, schaffen ihren einzigen Sieg des Jahres, ein geradezu absurdes 15:14, gegen die Mainzer.
Die Mainzer aber haben Ryan Lucas „Lumber“ Balan, das Phänomen aus Kanada. Der war 2004 schon gut, 2005 ist er eine der beeindruckendsten Gestalten der Bundesliga. Als Angreifer haut Balan den zitternden Pitchern erst via Lautsprecher den Lärm der Nu-Metal-Band Mudvayne und dann mit Ansage die Homeruns um die Ohren. Als Outfielder scheint er die Bälle notfalls auch aus dem Handgelenk an die Homeplate feuern zu können. Und als Pitcher spielt er die Rolle, die Möller in diesem Jahr nicht spielen kann, und gewinnt in der regulären Saison jede Partie bis auf die in Saarlouis.„Und wenn die Mannschaft selbst keinen Punkt macht, dann ist es schwer zu gewinnen“, sagt Kipphan. „Saarlouis hat durch einen Homerun gewonnen von einem Spieler, der vorher und nachher nie einen Homerun geschlagen hat und zu dem Zeitpunkt zwei Hits in 36 At Bats hatte. Und Ryan wirft ihm auf den Schläger. Das passiert einfach. Es war der Moment des Lebens für den Kerl.“
Merkwürdig: Auch das Hinspiel gegen die Hornets hätte Balan fast verloren. Nach fünfeinhalb von sieben regulären Innings liegen die A’s bei ihrem ersten Heimauftritt der Saison 1:8 zurück. In der unteren Hälfte des vorletzten Innings kassieren sie nach dem 2:8 das erste und zweite Aus. Und dann geht’s rund: Walk, Error, Wild Pitch, Walk, Wild Pitch, Double, Double. Noch sieben Runs, 9:8-Führung. Drei flotte Aus im Siebten und Schluss.
Aber auch ein Ausnahmespieler wie Balan hat seinen Makel. Im Playoff-Viertelfinale gegen die Bonn Capitals spult der Kanadier sein gewohntes Programm ab: Zwei klare Siege, dazu Möllers knappes 2:1 im ersten Spiel, da tut das 9:10 im dritten Spiel nicht weh.Gegen den Serienmeister Paderborn Untouchables, den Klub des Ex-Mainzers Heiko Schumacher, der seit 2001 in den regulären Saisons 152:22 Siege gesammelt hat, jedes Jahr Deutscher Meister wurde und sich unterwegs schon zweimal mit 3:0 Siegen gegen die A’s durchgesetzt hat, fällt die Ryan-Balan-Show aus. Die Mainzer sind chancenlos und verlieren das zweite Spiel der Halbfinalserie 0:6. Die erste Niederlage war knapper: 3:1 führten die A’s bis ins letzte Inning, in dem sich die U’s in die Verlängerung retten. Im zwölften Inning gewinnen die Untouchables 4:3. Ohne Janusz Radicke, der sich nach den Hinspielen ins Auslandssemester in China verabschiedet hat, und Ulli Wermuth, der wieder in den USA ist, scheiden die A’s auch diesmal mit 0:3 Siegen gegen Paderborn aus. cka / Fotos: Mainz Athletics