In ihrem 15. Bundesligajahr wollen die Athletics endlich ganz nach oben. „Wir stehen seit zehn Jahren immer in den Playoffs, aber das Finale haben wir noch nie erreicht“, sagt Präsident Hartmut Schäfer. „Da wollen wir jetzt hin.“ Dementsprechend aktiv werden die A’s auf dem Transfermarkt. Mit dem offensivstarken ehemaligen Mainzer Jugendspieler Sascha Lutz fürs Outfield, dem Bonner Catcher Joel Rodríguez, dem US-Pitcher Ray Rodríguez und fürs Infield mit dem texanischen Flitzer Bryan Moore, dem Australier Raef Hobbs-Brown und dem japanischen Shortstop Daisuke Ikenaga kommen sechs Neue und so viele Ausländer wie nie zuvor.
Einerseits müssen die Neuen die großen Lücken füllen, die Ryan Balan, Alper Bozkurt, Ken Höfel und Eddie Martínez in die Mannschaft reißen. Letzterer kommt im Laufe der Saison mit den Saarlouis Hornets nach Mainz und schlägt direkt den ersten Pitch des Nachmittags über den Homerunzaun der Sandflora. Andererseits muss der ehrgeizige Trainer zufriedengestellt werden: Vor dem zweiten Jahr bei den Athletics sind Zeke Mitchems Ansprüche gestiegen. „Er war wie ausgewechselt“, erinnert sich Martin Kipphan. „Es hatte den Anschein, als wollte er gar nicht mehr mit den jungen Spielern arbeiten. Er hat uns auf persönlicher Ebene angegriffen: ,Wenn Du morgen nicht gut spielst, hole ich noch einen Ami vom College und einen Tschechen und einen Holländer und dann seid Ihr alle weg!‘ Und wir dachten: Mach halt. Statt die Sache mit uns zusammen aufzuziehen, hat er in einem Land, in dem Baseball noch wachsen musste, College-Atmosphäre zu schaffen versucht. Wer Fehler gemacht hat, wurde angeschrien. Aber nicht konstruktiv, nur demotivierend.“Die Neuzugänge kosteten den klammen Verein, der eigentlich für den Stadionneubau sparen wollte, viel Geld. „Trotzdem hat er gesagt, er würde noch mehr holen, wenn wir nicht gut sind“, sagt Kipphan. „Er wollte auf jeden Fall die Meisterschaft.“
Mit einer Mannschaft, die das Zeug dazu nicht hat. Lutz, noch nicht der Kurzstreckensprinter späterer Jahre, sondern ein veritabler Powerhitter, ist ein Volltreffer, Joel Rodríguez eine klare Verstärkung, Moore für deutsche Verhältnisse ein erstklassiger Spieler. Ikenaga aber ist nur ein mittelmäßiger Shortstop, Hobbs-Brown ein Mitläufer, Ray Rodríguez unterm Strich der Falsche. „Ray hat nur Fastballs geworfen“, erklärt Kipphan. „Er war nicht schlecht, aber auch nicht der, den wir brauchten.“ Es ist schwer, Rodríguez irgendetwas vorzuwerfen. Seine Statistiken stimmen, seine Bilanz von neun Siegen und vier Niederlagen ist gut. Nach überragendem Start, bei dem er ein Strikeouts nach dem anderen knapp unter Lichtgeschwindigkeit dem Catcher in den Handschuh wirft, und anschließender Selbstdemontage über drei Spieltage fängt sich Rodríguez wieder, aber irgendetwas bleibt hängen, irgendetwas Diffuses vermissen die A’s bei ihm. Vielleicht sind die Erinnerungen an den unglaublichen Balan zu frisch und der Unterschied zu Manuel Möller, der nach überstandener Verletzung die Saison seines Lebens spielt, sein Jahr 2004 noch übertrifft, zu deutlich.Schnell ist klar, dass die A’s nicht Südmeister werden. Die Regensburg Legionäre sind zu stark, verlieren nur zwei Spiele – eins davon gegen die A’s. Die verpassen die Vizemeisterschaft in ihrer Staffel trotz eines bemerkenswerten Schlussspurts gegen die Abstiegskandidaten aus Fürth, Mannheim und Tübingen haarscharf; Heidenheim braucht die 3:1 Siege im direkten Vergleich, um in der Abschlusstabelle über den A’s zu stehen.
Pünktlich zu den Playoffs gehen den A’s die Pitcher aus. Rodríguez bricht sich die Hand und die Rückkehr von Michael Otto, der in der Schlussphase der Saison ein paar Mal mittrainiert, aber ein Phantom bleibt, platzt.Im Achtelfinale gegen die Bonn Capitals profitieren die A’s zunächst vom völligen Versagen des Bonner Nationalpitchers Tim Henkenjohann, der mit dem Werferhügel auf der Sandflora nicht zurecht kommt und nach massenhaft Balls und 0:6-Rückstand noch vor seinem zweiten Aus vom Mound muss. 8:0 im ersten Inning, 9:0 im zweiten, 11:1 und Schluss nach dem siebten. Das zweite Spiel eskaliert kurz, als Capitals-Pitcher Mark Kearny den Mainzer Janusz Radicke mutmaßlich gezielt abwirft; Bonn gewinnt gegen den Aushilfspitcher Moore 5:3.
Die Rückspiele gehören zum Spektakulärsten, was die A’s bis dahin erlebt haben. Mehrere Führungswechsel in Spiel drei: jeweils aus Mainzer Sicht 3:0 im fünften, 3:7 immer noch im fünften Inning, 6:7 im sechsten, 6:8 im achten, 11:8 im neunten Inning, Nach 215 Minuten Spielzeit der zweite von drei nötigen Siegen. Und durch einen gewaltigen Schlag von Sascha Lutz und einen Sacrifice Fly von Raef Hobbs-Brown 1:0 im ersten Zusatzinning des vierten Spiels. Für das fünfte hätten die A’s keinen Pitcher mehr gehabt. Gleichzeitig scheidet der Serienmeister Paderborn aus, der mit dem sechsten Titel in Folge den Mannheimer Rekord einstellen wollte. Im Halbfinale stehen mit Mainz, Heidenheim, Regensburg und Solingen vier Teams, die noch nie Meister waren. Die ambitionierten A’s haben im Halbfinale gegen Regensburg keine Chance. Solingen holt den Titel. cka / Fotos: Mainz Athletics