Ohne ihren Coach müssen die Athletics in die Saison 2007 gehen. Zeke Mitchem verlässt die Mainzer und heuert bei den Solingen Alligators an. Das hat einen finanziellen Hintergrund. Es geht weniger um sein Gehalt – die A’s wollten ihren Anteil zwar kürzen, aber der Deutsche Baseballverband (DBV), für den Mitchem weiterhin als Co-Bundestrainer fungiert, hätte diese Lücke wohl schließen können. Weil aber auch wenig Geld für Neuzugänge da ist, lässt sich Mitchem vom DBV an einen finanzkräftigeren Verein vermitteln. Dort sieht er bessere Möglichkeiten, Titel zu holen. Weil Mitchems Nachfolger Doug Dreher im Februar eine Woche nach seiner Vorstellung wieder abspringt, entscheiden sich die A’s doch für eine interne Lösung: Der 29-jährige Co-Trainer Cae Santos wird zum Chef befördert.
Wegen dieser schwierigen Vorbereitung formuliert Teammanager Ulli Wermuth das Saisonziel defensiv: Es geht nicht mehr um die Meisterschaft, sondern nur noch um die Playoff-Teilnahme. Und weil allen anderslautenden Ankündigungen zum Trotz doch hochkarätige Neuzugänge kommen, kann Santos diese Mission mit Optimismus angehen. „Wir haben eine starke, gut abgestimmte Mannschaft“, sagt der neue Coach. „Und wenn man mit ein paar Nationalspielern und starken Ausländern da stand, hatte man in der Vergangenheit immer eine Freikarte in die Playoffs.“Die Lücken im Infield, wo drei von vier Stammspielern ersetzt werden müssen, schließt Santos mit dem Japaner Keigo Miyagi (Shortstop), dem Italiener Flavio Rinaldi (2nd Base), dem Solinger Nils Hartkopf (3rd Base) sowie Max Boldt aus dem eigenen Outfield. Dazu gibt es einen Paradigmenwechsel: Offensiv setzen die A’s nicht mehr auf Tempo und Kleinkram, sondern auf Wucht. Außer Miyagi sei jeder in der Lage, die Bälle aus dem Stadion zu hauen. Sascha Lutz etabliert sich als einer der besten Angreifer der Liga. Neuzugang Mike Larson aus Kanada bleibt zwar als Pitcher hinter den Erwartungen, ist aber ein guter Outfielder und am Schlag eine gefährliche Waffe. Und der junge Boldt kommt mit der größeren Verantwortung als Zweiter in der Schlagreihenfolge gut zurecht.
Viele positive Attribute beschreiben daher die Athletics der Saison 2007. Für ihre routinierte Defensive sind die A’s schon seit Jahren bekannt, meist auch für starkes Pitching, nun auch für eine Offensive, die sich nicht auf zwei oder drei zuverlässige Schlagmänner beschränkt, sondern durch die komplette Mannschaft geht. Ein weiteres Attribut kommt im Laufe der Saison dazu: Unbändige Moral. Die A’s lassen sich von Fehlstarts und Rückständen überhaupt nicht schocken.Allerdings beginnt die neue Saison schlecht, was nicht zuletzt an den Pitchern liegt. Manuel Möller ist der gewohnt sichere Rückhalt, aber es gibt keinen guten Mann für das zweite Spiel. Larson wird bald nicht mal mehr als Reliever eingesetzt. Julian Aufenanger, Boldt und Hartkopf dürfen sich als Starter präsentieren, aber wirklich glücklich wird Santos mit keinem von ihnen. Florian Arnold muss sich um sein Studium kümmern, dieser Ausfall tut weh.
So beginnt die Saison mit Splits gegen Gauting, Mannheim und Heidenheim sowie einer Doppelniederlage gegen Regensburg. Früh zeichnet sich ab: Der Bruch in der Liga verläuft zwischen dem fünften und sechsten Platz. Es gibt einen Kandidaten zu viel für die vier Playoffplätze. Regensburg setzt sich früh ab. Dahinter gehen vier Mannschaften punktgleich in die Rückrunde der regulären Saison. Dank des Doppelsiegs beim Tabellenzweiten aus Saarlouis sind die Athletics dabei.
Der Erfolg im Saarland ist bald keine große Überraschung mehr: Die A’s sind in diesem Jahr auswärts kaum zu knacken. Drei der vier ersten Spiele auf fremden Plätzen gehen zwar verloren, aber danach kein einziges mehr, egal, wie hoch der Gastgeber führt.
So steht früh fest: Nicht die Mainzer oder Mannheimer, die wenige auf der Rechnung haben, verpassen die Playoffs, sondern die hoch gehandelten Saarlouis Hornets. Nach den Rückspielen gegen diese nimmt Santos erstmals das Wort „Meister“ in den Mund. Es geht um mögliche Endrundengegner und um die Frage, wie man den Nord-Spitzenmannschaften aus Solingen und Paderborn aus dem Weg geht. „Gegen die müssen wir eh ran, wenn wir Meister werden wollen“, sagt der Coach. In der derzeitigen Verfassung der Mannschaft scheint es tatsächlich keinen Grund zu geben, tief zu stapeln.
Die Nachholspiele gegen Regensburg nach dem letzten regulären Spieltag stellen allerdings unmissverständlich klar, wer der Chef im Süden ist. Die Legionäre gewinnen mit teils überragenden Abwehraktionen beide Partien. Sie sind der Favorit auf den Titel – aber den holen die Mainz Athletics. cka / Fotos: Tanja Szidat, Manfred Holzhauser.