Nach der Deutschen Meisterschaft von 2007 hat der Verlust etlicher wichtiger Spieler die Athletics zu einem Neuaufbau gezwungen. So etwas ist nicht einfach, so etwas braucht Zeit. Hat man dabei die Nachhaltigkeit im Kopf, setzt man deswegen weitgehend auf die Nachwuchsförderung, anstatt einen Kleinbus voller Legionäre einzukaufen, wird es nicht einfacher; das zeigte die fürchterliche Saison 2010.
Das Jahr 2012 markiert einen wichtigen Zwischenstopp auf dem Weg zurück nach oben. Die A’s sind nicht gut genug, um die Topteams aus Regensburg und Heidenheim in der Tabelle ernsthaft zu gefährden – wenn auch mit dem 8:3 gegen die Legionäre, das noch höher hätte ausfallen können, und vor allem dem 11:1 gegen die Heideköpfe in nur sechseinhalb Innings zwei beachtliche Ergebnisse gelingen. Und im Playoff-Viertelfinale haben die A’s wie immer keine Chance gegen die Solingen Alligators. 10:13 Hits im ersten Spiel gegen den Nord-Vizemeister sehen nicht so schlecht aus. „Aber wenn sie sich auf zwei Spieler verteilen“ – nämlich Andreas Lastinger und Max Boldt – „dann bringen sie nichts“, findet Teammanager Benjamin Hieronimi.
Aber: Die A’s sind besser als der Rest. Die Teilnahme an den Playoffs steht überraschend früh fest.„Anfangs dachten wir, dass wir vielleicht schon um die Spitze mitspielen könnten“, sagt Martin Kipphan. „Wir haben gegen Regensburg gesplittet, dann Stuttgart, Haar und Bad Homburg geschlagen – das waren die leichteren Spiele.“ Nach denen die A’s Tabellenzweiter sind. Gegen die Mannheim Tornados folgt ein dramatischer Split: Immer wieder gehen im Flutlichtspiel am Hartmühlenweg die Blicke an der dritten Base vorbei ins Bullpen, in den Aufwärmbereich der Gästepitcher. Kein Mensch ist dort zu sehen. Tornados-Pitcher Jan-Niclas Stöcklin, der ehemalige Mainzer, wirft seinen 100. Pitch, den 120., den 150., überschreitet die Grenze des Zumutbaren. Olaf Hornig ist im Publikum, der Chef des Hessischen Baseballverbands. „Unverantwortlich“, sagt der, aber die Tornados haben keine anderen Pitcher. Stöcklins 170. Pitch schlägt Max Boldt steil ins Leftfield. Die Mainzer haben genug Runner im Feld, um mit diesem Schlag das Spiel zu gewinnen, aber der Outfielder macht das Aus. Nach zwölf Innings, nach 3:48 Stunden, hat Mannheim gewonnen. Und danach zeigen Heidenheim und Regensburg in ihren Heimspielen den A’s, wer der Chef ist im Süden.
„Es gab einige überraschende Ergebnisse“, sagt Kipphan, „positive und negative. Wir hätten nicht gegen Stuttgart verlieren müssen, auch das 11:13 gegen Haar musste nicht sein.“ Auch ein Grund dafür, dass die Mainzer nur Dritter werden und im Viertelfinale gegen eine Nord-Topmannschaft spielen müssen.Dennoch ist 2012 eine erneute klare Steigerung für die A’s. Die hat mehrere Gründe. Zuvorderst natürlich die wesentlich verbesserten Trainingsbedingungen am Hartmühlenweg. Die ermöglichen es etlichen jungen Spielern, endgültig in der Bundesliga anzukommen. Julius Spann schlägt seine ersten beiden Homeruns, beide aufs Dach der Schlaghalle. Andreas Lastinger, der sich zuvor noch mit Kevin Kotowski abgewechselt hat, spielt erstmals eine (fast) komplette Saison als Catcher und wird auch am Schlag stabiler. In Regensburg bestätigt er den Spitznamen „Longlastinger“, den ihm Shu Sasaki einst verpasst hat, indem er sich bei Bases loaded und einem Aus zwölf Pitches geben lässt und schließlich ein 2-RBI-Single schlägt.
Dadurch wird Kotowski frei für das Centerfield, wo er sich als die Entdeckung der Saison herausstellt. „Er ist mein schnellster Spieler und kann mit seinen großen Schritten eine große Fläche abdecken“, erklärt Coach Ulli Wermuth. Kotowskis persönlicher Höhepunkt ist die EM-Teilnahme nach der Saison: Im Turnier in den Niederlanden ist der junge Mainzer der zweitbeste Angreifer aller Teams. „Er hat ein Wahnsinnsturnier gespielt“, bescheinigt ihm anschließend sein Nationalmannschaftskollege Max Boldt. „Er war ja immer auf Base!“Und während in den zweiten Spielen auf Pat Haugen weiterhin Verlass ist, Tim Stahlmann dagegen die Saison weitestgehend wegen Verletzungen verpasst, etabliert sich zum Saisonende hin Christian Decher als Starter für die ersten Spiele. In vier EM-Innings gegen die Niederlande und Schweden lässt Decher keinen Run zu. „Seine Nominierung war zu erwarten“, sagt Wermuth. „Kevins Leistung war eine angenehme Überraschung.“ Und A’s-Chef Hartmut Schäfer freut sich über diese Bestätigung der Qualität der Mainzer Nachwuchsarbeit. cka / Fotos: Tanja Szidat, Manfred Holzhauser