Zum Glück hat Frederick Schell einen verständnisvollen Chef und darf eine Woche früher als seine Kollegen in die Schulferien gehen. Die beginnen nämlich erst am 18. Juli, der Outfielder und Catcher unseres Fastpitch-Softball-Teams AAAs soll aber schon ab dem 11. Juli, dem kommenden Montag, in Italien an der Herren-Europameisterschaft teilnehmen, bei der erstmals seit 20 Jahren wieder die deutsche Nationalmannschaft dabei ist. „Der Schulleiter hat das aber mit der Behörde geregelt, dass ich dafür Sonderurlaub bekomme“, freut sich der Grundschullehrer.
Der 27-Jährige spielt seit Anfang vergangenen Jahres für die AAAs, parallel für die Karlsruhe Cougars und die College-Series-Mannschaft der Landau LazyBones; nominiert wurde er als Spieler der Mainz Athletics – obwohl er an den offenen Tryouts in Paderborn nicht teilnehmen konnte. „Der Coach Wolfgang Walther kennt mich aus der College Series“, sagt Schell. „Wir haben oft gegeneinander gespielt. Er hat mich persönlich zur Kadermaßnahme eingeladen, weil er mal sehen wollte, wie ich gegen schnelle Pitches performe.“ Gut, offenbar: Schell behauptete sich im 28-Mann-Kader, der sich in Ratingen präsentierte und bekam die Einladung für ein weiteres Vorbereitungsturnier in Zeist/Niederlande. „Da haben wir wirklich schnelles Pitching gesehen“, berichtet Schell über das internationale Turnier mit einer tschechischen U19-Auswahl, der niederländischen Nationalmannschaft und Teams aus Dänemark und England.
Die Aufwertung des deutschen Softballs ist ein wichtiges Anliegen für Walther. Der ehemalige Baseball-Bundesligaspieler (Fürth Pirates, Cologne Cardinals, Pulheim Gophers) kennt den Rückstand auf andere europäische Länder. „Die Tschechen, Spanier, Niederländer, Italiener sind viel, viel weiter als wir“, erklärt Schell. „Sie haben ein Ligasystem, teils mit mehreren Levels, so weit sind wir noch lange nicht. Wolfgang möchte das Zepter in die Hand nehmen. Die Tryouts hat er professionell aufgezogen, er hat mit professionellem Material die Athletik und die generellen Fähigkeiten getestet. Sein Ziel ist weniger die EM als die Weiterentwicklung des Sports.“
Denn in Deutschland spielen lediglich Hobbyteams in zur Zeit sechs verschiedenen, meist regionalen Ligen; die College Series ist mit 16 Teams von Braunschweig bis München die größte. „Von daher werden wir bei der EM ziemlich auf den Sack bekommen“, ahnt Schell. „In Zeist haben sie uns haushoch abgezogen. Es wäre schön, in Italien mal ein Spiel zu gewinnen.“ In Montegranaro, südlich von Ancona nahe der Adriaküste, und im Nachbarort Sant’Elpido a Mare trifft das deutsche Team in der Gruppe B auf starke Gegner: die Niederlande, Belgien, Italien und Tschechien – die Gruppe A wäre wohl etwas einfacher gewesen. Die besten drei Teams beider Gruppen spielen anschließend den Europameister aus, auch für die vier Gruppenletzten und -vorletzten gibt es Platzierungsspiele. „Wir werden eine gute Zeit haben“, glaubt Schell. „Ich kenne viele Spieler im Kader aus der College Series. Es wird einfach super lustig, da mal richtig gutes Pitching zu sehen und Erfahrung zu sammeln.“ cka