Arndt Wiedmaier, Vereinsgründer, Spieler und Präsident der ersten Generation der Mainz Athletics, hatte unser Team mit einem klaren Auftrag nach Regensburg verabschiedet: „Ihr habt am letzten Wochenende wie Champions gespielt. Jetzt ab nach Regensburg und bringt den Pokal heim nach Mainz!“ Die Jungs haben den Auftrag ausgeführt. Am Sonntagabend gegen 23 Uhr sind sie als Deutscher Baseballmeister am Hartmühlenweg eingetroffen, bereits sehnlich erwartet von ihren Fans, die nicht zu den Auswärtsspielen hatten mitfahren können, von ihren Fans, die schon vor ihnen aus Regensburg angekommen waren.
„Es ist ein großer Tag für Mainz“, sagte Ulli Wermuth, der Meistercoach. „Ich werde es sicher erst später richtig realisieren, ich weiß gar nicht, wie ich die Emotionen in Worte fassen soll! Diese große Unterstützung, von den anderen Sportvereinen, den Hockeyspielern, den Handballerinnen, den Profis von Mainz 05, von der ganzen Stadt… Ich bin ein Meenzer Bub, hier geboren, hier aufgewachsen, ich habe hier Hockey und Baseball gespielt, ich bin stolz auf meine Stadt und dankbar für ihren Support. Heute haben wir einen großen Erfolg für die Spieler und den Verein erreicht, aber auch für ganz Mainz!“
Der 13:2/5:0-Sweep in den Hinspielen hatte eine großartige Basis gelegt, vor insgesamt 2.500 Zuschauern hatten wir die ersten beiden Schritte zum Titel bereits am Hartmühlenweg gemacht. Ein Sieg fehlte noch, drei Versuche hatten wir, zwei brauchten wir. Mit einem 1:0 im dritten Spiel kamen die Regensburg Legionäre zurück in die Serie, mit einem 5:2 im Sonntagsspiel machten wir die Sache klar.
„Klar, wir hatten Regensburg schon zweimal geschlagen“, sagte Wermuth, „es wäre natürlich toll gewesen, in drei Spielen das Finale zu gewinnen, aber in gewisser Weise auch unrealistisch. Man sweept das Powerhouse Deutschlands nicht einfach so.“ Und doch hätte es klappen können. Eigentlich fehlte überhaupt nichts im Samstagsspiel, nichts Signifikantes. „Es war ein Pitcherduell auf höchstem Niveau“, beschrieb der Coach, ein Duell zwischen Mike Bolsenbroek, der seit Jahren als bester Pitcher der Bundesliga galt, und Jan-Niclas Stöcklin, der tags drauf als bester Pitcher der Finalserie ausgezeichnet wurde.
„Wir haben uns ein bisschen schwer getan“, sagte Manuel Möller, einer von zwei Veteranen, die ihre Karriere nun, nach ihrer zweiten Meisterschaft mit den Mainz Athletics beenden werden. „Beide Teams standen unter Druck. Wir hätten lockerer sein können, wir waren ja im Vorteil. Aber es ist schwer, so etwas in drei Spielen zu machen.“ Sechs Hits gab es nur in der ersten Partie in Regensburg, drei von uns, drei der Legionäre. Zu Runs geführt hat keiner davon.
Denn die Regensburger gingen schon mit ihrem ersten Angreifer durch Kleinkram in Führung. „Ein gut produzierter Run“, sagte Wermuth. Stöcklin warf Nino Sacasa ab. Ein Sacrifice Hit von Matt Vance schob den Leadoff auf die zweite Base, ein Abstimmungsfehler zwischen Stöcklin und Catcher Max Boldt gab Sacasa die dritte. „Manchmal haben Starter früh im Spiel ein bisschen Probleme“, erklärte Wermuth. „Janni hat dem Maik Ehmcke den Ball oben gehalten“ – ein hoher Pitch ist leicht zu schlagen. Zwar schnappte sich Kevin Kotowski im Centerfield Ehmckes Flugball, aber für Sacasa reichte das zum 1:0.
Und dabei blieb’s. „Glücklich für Regensburg“, sagte Möller, „unglücklich von uns.“ Denn unsere Mannschaft übte von Anfang an Druck aus auf die Legionäre. Schon im ersten Inning hatten wir erst Kotowski, dann Thomas de Wolf auf der zweiten Base, im zweiten Durchgang schaffte es Trey Stover nach seinem Basehit bis auf die dritte. Erst im siebten Inning hatten wir zum ersten Mal gar keinen Runner unterwegs. Und im achten verhinderte eine Feinheit im Regelwerk den Ausgleich.
Max Boldt war gewalkt. Gegen Mike Larson und Lennard Stöcklin hatten die Regensburger das erste und das zweite Aus geschafft. Und Stovers Schlag ins Centerfield war eigentlich lang genug. Boldt hätte von der ersten Base scoren können, wäre der Ball nicht über den Zaun aus dem Stadion gesprungen. Ground Rule Double, zwei Bases für alle, keine dritte für den Catcher. Und Pitcherwechsel bei den Legionären, drittes Aus, kein Run. „Aber wir haben immer Druck entfacht“, sagte Wermuth eine halbe Stunde nach der knappen Niederlage, „wir hatten immer Baserunner. Und Janni hat sich ab dem zweiten Inning super durchgekämpft durch das Spiel. Ich habe es schon hinter mir gelassen. Es hat nicht sollen sein, aber morgen ist ein neuer Tag, morgen wird alles gut.“
Mainz Athletics 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Regensburg Legionäre 1 0 0 0 0 0 0 0 - 1
CF K. Kotowski, LF Johannessen, 1B de Wolf, C Boldt, DH Larson, 3B L. Stöcklin, SS Stover, RF Dickman, 2B Weichert – P J. Stöcklin (8. P Stahlmann).
Und es wurde gut, wenn’s auch kompliziert war. Wir hatten Eric Massingham auf dem Mound, der seine Laufbahn wohl beenden wird, der Arm ist hinüber. „Eric hat noch einmal seine ganze Professionalität ausgespielt“, lobte Wermuth. „Ohne noch irgendwas im Arm zu haben, hat er Regensburg in seinem letzten Spiel mit Tempowechseln zwischen Jugend- und Juniorenniveau in Schach gehalten. Es ist schön, dass ein so toller Pitcher seine Karriere mit einem solchen Erfolg beenden kann.“ Massingham hatte die Gegner fast absolut im Griff, ließ in den ersten fünf Innings nur drei Mann auf Base – einen in dritten und einen im fünften Inning durch Walks, dem Dritten überließ die Defense die erste Base, um den gerade Gewalkten an der zweiten vom Platz zu holen. „Für mich ist Eric der wahre Held des Spiels“, sagte Mike Larson, der sich nun ebenfalls als Deutscher Meister aus der Bundesliga verabschiedet. „Er hatte extreme Schmerzen und trotzdem fünf Innings lang keinen Hit abgegeben. Unter solchen Bedingungen eine solche Leistung – unglaublich!“
In diesem fünften Inning hatte das Spiel schon vor dem Abbruch gestanden. Denn kurz nach unserer Führung – Walk für Peter Johannessen, Balk von Clayton Voechting, RBI-Single von Thomas de Wolf – hatte es heftig zu regnen begonnen. Das Spiel war lange unterbrochen, die Entscheidung, ob, wie und wann es fortgesetzt werden würde, wurde immer wieder verschoben. Im Falle einer Kapitulation vor dem Wetter hätte es mit 0:0 im ersten Inning neu beginnen müssen. Nach 94 Minuten Pause konnte es weitergehen.
Es ging mit Runs weiter. Mit dem 2:0 (Walk für Stover, Sacrifice Hit von Lennard Stöcklin, RBI-Double von Lucas Dickman) im sechsten, mit dem 3:0, 4:0 und 5:0 im siebten Inning. Auch das begann mit einem Walk für de Wolf. Boldt schob den Belgier mit einem Single auf die zweite Base, Mike Larson schickte mit einem Double beide über die Homeplate und scorte selbst nach Dickmans Double. „Ein richtig großer Hit von Lucas“, lobte der Kanadier, lange selbst Rightfielder, zuletzt nur noch Designated Hitter, seinen Nachfolger im Outfield.
Auch Massingham ging jetzt vom Platz, Tim Stahlmann übernahm. „Am Samstag war ich ja noch auf den Platz gegangen und wusste: Heute kann für mich nichts schiefgehen. Die Offense muss halt zwei Punkte machen“, sagte der Reliever. „Am Sonntag wollte ich zu viel, war mental nicht so fokussiert.“ Ohne einen einzigen Hit und bei nur einem Aus kamen drei Regensburger auf Base – Stahlmann kam raus aus dem siebten Inning. Im achten aber waren wieder schnell alle Bases besetzt und diesmal ging’s nicht so gut aus, diesmal scorten zwei Mann zum 5:2. „Ich musste runterschalten“, erklärte Stahlmann. „Locker die Bälle reinwerfen – Batter machen ja auch Fehler. Das hat funktioniert.“ Strikeout gegen Janis Muschik. Strikeout gegen Nino Sacasa. Drei Runs fehlten Regensburg noch zum Ausgleich, die Bases waren leer, ein Aus fehlte uns noch zur Meisterschaft. „Und Matt Vance war eine harte Nuss“, sagte Stahlmann, „das war eine gute Battle.“ Ein Foulball, ein Strike. Noch ein Wurf… aber Vance, der Routinier, wehrte sich, sah sich Balls an, schlug Foulballs. „Max hat gesagt: Schmeiß ihn mir in die Mitte“, verriet Stahlmann. „Vance hat geschwungen. Und Trey hatte den Ball. Da wusste ich: Es hat geklappt.“ Der Shortstop, immerhin einer der überragenden Infielder der Liga, warf einen letzten sauberen Ball zur ersten Base. Dort musste sich Thomas de Wolf gar nicht besonders lang machen. Vance kam einen halben Schritt zu spät, das Spiel war vorbei, wir waren Deutscher Meister.
Mainz Athletics 0 0 0 0 1 1 3 0 0 5 Regensburg Legionäre 0 0 0 0 0 0 0 2 0 2
CF K. Kotowski, LF Johannessen (1 Run/0 RBIs), 1B de Wolf (1/1), C Boldt (1/0), DH Larson (1/2), SS Stover (1/0), 3B L. Stöcklin, RF Dickman (0/2), 2B Weichert – P Massingham (7. P Stahlmann).
„Verrückt“, sagte Wermuth. „Ich bin in meiner Karriere als Spieler und als Coach sechsmal Meister geworden. Viermal in Regensburg. 1996 als Jugendspieler, 2007 mit der Bundesliga, 2009 als Juniorencoach und heute wieder. Und wir sind verdient Deutscher Meister geworden. Von 41 Spielen haben wir nur acht verloren. Das ist großartig.“ Es war der erste Teil eines Doppelerfolgs – unser Jugendteam holte sich etwas später in Heidenheim mit einem wilden 22:21 gegen Regensburg ebenfalls den Titel. „Vor drei Jahren haben sie als Schüler bei der Meisterschaft noch dick gegen Regensburg verloren“, erinnerte sich Wermuth, „jetzt haben sie sie geschlagen. Das ist eine unglaubliche Bestätigung für unsere Arbeit.“
Die wird bereits in drei Wochen wieder weitergehen. „Für mich beginnt schon am Dienstag die Saisonvorbereitung“, sagte Wermuth. „Ich freue mich auf den Europapokal, hoffentlich können wir das stemmen. Viele Nachwuchsspieler brennen darauf, in die erste Mannchaft zu kommen. Am 23. Oktober beginnt das Training wieder. Heute bin ich glücklich, Meister zu sein, aber wir müssen hungrig bleiben.“ cka / Fotos: Tanja Szidat