Einer der Höhepunkte des Nachmittags war Martin Kipphans 3-RBI-Double ins äußerste Leftfield, mit dem wir im achten Inning wieder in Führung gingen.

Wollen wir sie „Generalprobe“ nennen, die 16 Innings gegen die Paderborn Untouchables, knappe eine Woche vor dem Saisonbeginn? Es gibt Argumente dafür und Argumente dagegen und auch der Coach will am Ende nicht ganz so weit gehen. „Eigentlich wollte ich es als Generalprobe sehen“, sagte Max Boldt. „Aber ein paar Abstriche haben wir gemacht.“

Mussten wir machen, denn die Mannschaft ist ja immer noch nicht komplett. Morgen sollen der dritt- und der vorletzte Neuzugang aus Australien kommend in Frankfurt landen, ein Pitcher aus den USA und ein kanadischer Outfielder/Catcher, von dem wir uns einige Offensivwucht versprechen. Der neue Shortstop wird erst nächste Woche hier eintreffen. Außerdem fehlte Marcel Schulz gegen die Untouchables. Der Outfielder war beruflich gebunden, an seiner Stelle gab Josh Little sein Heimdebüt im Mainzer Trikot.

12:11 und 10:3 schlugen wir die Untouchables, durchaus beachtliche Ergebnisse einer Mannschaft, der noch drei Schlüsselspieler fehlen, gegen ein Team, das keine Ausländer hat und relativ komplett antreten konnte, das in den zurückliegenden Playoffs als Nord-Vierter mit einer sehr jungen, weitestgehend selbst ausgebildeten Truppe vielleicht unser anspruchsvollster, sicherlich unser unbequemster Gegner war. Gegen den unser Weg, der zur Meisterschaft führte, bereits im Viertelfinale hätte vorbei sein können. 3:1 Siege wurden es für uns im vergangenen Sommer, aber nur einer war klar. „Die Akademie zahlt sich aus“, sprach Boldt seine Anerkennung aus, „und sie haben sich im Vergleich zu den Playoffs noch einmal gesteigert.“ Gegen ein Team allerdings, das seine eigene Leistungsstärke selbst relativierte: Am Vortag hatten die Untouchables bereits 16 Innings in Stuttgart gespielt, „die Jungs waren am Ende fertig“, sagte ihr Coach „Red“ Fechtig. Elf Pitcher hatten die Paderborner dabei, sieben davon warfen bei uns das eine oder andere Inning.

Fehler nach vielversprechendem Beginn

Es ging vielversprechend los: Daniel Thieben, den wir in den Playoffs nicht auf dem Mound sahen, packte sich sofort die Bases mit Walks voll, Martin Kipphan, Josh Little und Lennard Stöcklin brachten mit zwei Basehits und einem weiteren Walk die ersten vier Runs über die Platte, ehe sich die Teams darauf verständigten, das Inning vorzeitig mit nur einem Aus zu beenden. Paderborn konterte, verkürzte im zweiten Inning unter anderem durch drei Errors auf 2:4, ging im dritten mit ihrem aggressivem Baserunning, aber auch dank zweier weiterer Fehler mit 6:4 in Führung. „Wir waren unkonzentriert“, sagte Boldt, „wir haben uns zu viele Fehler erlaubt. Das müssen wir abstellen, wenn wir oben mitspielen wollen.“ Es kam nicht ganz überraschend; die Mannschaft ist erst kürzlich aus der Halle auf den Platz gekommen, ihr fehlt noch die Trainingsroutine unter Wettbewerbsbedingungen. Eine Woche mit drei Trainingseinheiten haben wir noch, um die Routine zu erlangen.

Ergebnisse

Mannschaft123456789RHE
Untouchables02410011211122
Athletics4000201321277
Details zum Spiel
Sogar 7:4 stand es nach vier Innings – nur 7:4, weil im Infield nicht alles misslang, weil wir beispielsweise zweimal den Double Steal, mit dem der Runner von der ersten Base davon ablenken wollte, dass der Runner von der dritten Base einen weiteren Run ergaunern will, rechtzeitig erkannten und jenen im Rundown (erst Wildenhain-Kipphan-Keller-Stöcklin, dann Wildenhain-Kipphan-Weichert-Kipphan-Boldt-Keller-Stöcklin) gekonnt einfingen. Lennard Stöcklin hatte mehr zu tun als sonst, spielte fehlerfrei an der dritten Base, machte fünf Aus, abgesehen von einem profanen Flyout allesamt in verzwickten, komplexen, ungewöhnlichen Situationen.

In der zweiten Spielhälfte wurde unsere Defensive etwas stabiler, unsere Offensive kam besser in Schwung. Boldt verkürzte mit einem 2-RBI-Double für Kevin Kotowski und Lucas Dickman auf 6:7, weitere Runs waren möglich in diesem fünften Inning, kamen aber nicht. Das 6:8 (typisch für den Paderborner Angriff: Walk, Streal, Wild Pitch, Sacrifice Fly) konterte Peter Johannessen mit einem Solo-Homerun über das Rightfield. Und nach dem 7:9, letztmalig das Produkt zweier Fehler, gingen wir durch einen sagenhaften Double von Martin Kipphan, der haarscharf über die Third Base bis in den äußersten linken Outfieldwinkel rutschte und Ben Briggs, Johannessen und Boldt zu scoren erlaubte, wieder in Führung.

10:9. 10:11 im neunten Inning durch ein Double und ein Triple, den Johannessen im Rightfield mit einem Hechtsprung haarscharf verpasste. 12:11 am Ende – auch das achte Inning hatten wir vorzeitig beendet, um den Pitcher nicht zu überlasten, das neunte begannen wir mit den Runnern Kipphan und Little auf der dritten und ersten Base, Kipphan scorte durch Stöcklins RBI-Single beim ersten Pitch, Stöcklin selbst nach einem Sacrifice Fly von Kotowski. Es war mitunter chaotisch, wir spielten am Ende mangels Spielern zwar mit neun Verteidigern, aber im Angriff nur noch zu acht, es passierten zu viele Fehler. Und doch zeigt das Ergebnis, dass wir auch ohne die noch abwesenden Amerikaner ein konkurrenzfähiges Team aufstellen können. Die Nationalspieler Kotowski, Boldt, Johannessen und Jan-Niclas Stöcklin (der noch geschont wurde, nur ein Inning warf, keinen Runner auf die Bases ließ), die erfahrenen Veteranen Kipphan und Little, die bei aller Routine immer noch jungen Lucas Dickman, Nici Weichert und Lennard Stöcklin, die Talente Ben Briggs, Eric Keller, Yannic Wildenhain sind natürlich zu wenige, um eine Bundesligasaison durchzuhalten. Es hat natürlich Gründe, dass noch drei Spieler kommen („mit Schulz fast eine halbe Lineup, das hat man schon gemerkt“, sagte Boldt) – der einheimische Kern aber war in der Lage, nach dem missglückten Auftakt gegen den starken Gegner das Spiel zu drehen.

Klarer Sieg gegen müden Gegner

Tim Stahlmann kassierte in sechs Innings nur drei Hits und legte so das Fundament zum 10:3-Erfolg im zweiten Spiel.

Und nicht nur dank eines weiteren Nationalspielers, dank Tim Stahlmann, der in sechs Innings nur drei Hits und drei Runs kassierte, den ersten wiederum begünstigt durch einen Fehler im Infield, war das zweite Spiel gegen die freilich zunehmend müden Untouchables eine klarere Angelegenheit. Jeweils nach Schlag von Kipphan glich Johannessen schon im ersten Inning den frühen Rückstand aus, brachte Dickman uns im dritten Inning in Führung. Den Ausgleich konterte unser Team im vierten Durchgang durch zwei Singles, ein Double und drei Errors mit vier Runs zum 6:2. Paderborn verkürzte noch einmal auf 6:3, Max Boldts Homerun im sechsten Inning brachte zwei weitere Runs, Wildenhain und Weichert erhöhten schließlich im letzten Inning des Abends auf 10:3.

Ergebnisse

Mannschaft1234567RHE
Untouchables1001010336
Athletics10140221082
Details zum Spiel
Der Coach ist nicht ganz zufrieden. Das ist gut, zufriedene Coaches sind gefährlich in der Vorbereitung. „Das erste Spiel war ziemlich schlecht“, sagte Boldt trotz des 12:11, „wir hatten im Endeffekt Glück. Am Ende war es aber eine sehr gute Leistung. Tim hat einen Riesenjob gemacht, wir haben Paderborn nicht mehr so viel geschenkt, besser geschlagen, die Fehler des Gegners ausgenutzt.“ Die Bundesliga kann noch nicht kommen, ein paar Trainingstage, auch mit den beiden morgigen Zugängen, braucht das Team noch. Aber diese paar Trainingstage bekommt es auch. Und dann soll sie gerne losgehen, die Bundesligasaison 2017. cka / Fotos: Tanja Szidat

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