Ein paar Wochen früher als erhofft, ein paar Wochen später als befürchtet ist unsere Bundesligasaison 2017 vorbei. Die schlechte Nachricht: Der Traum von der Titelverteidigung ist im Halbfinale geplatzt. Die wenn nicht gute, dann Hoffnung auf ein gutes Jahr 2018 machende Nachricht: Unter schwierigen Bedingungen hat die von Verletzungen gebeutelte Mannschaft den Topfavoriten, den Süd- und Interleague-Meister Heidenheim Heideköpfe ins Spiel fünf gezwungen. „Schade, dass wir das Momentum nach dem Sieg im dritten Spiel nicht mitnehmen konnten“, sagte Max Boldt nach dem Ausscheiden. „Aber es ist cool, was man aus so einem kleinen Kader machen kann. Wenn man die Situation am Anfang der Saison betrachtet…“ Fünf Pitcher waren uns verloren gegangen, neben Eric Massingham und Manuel Möller (Karriereende) sowie Thomas de Wolf auch noch ganz kurz vor der Saison Jan-Niclas Stöcklin durch Verletzung und Lucas Dickman. „Wir hatten gehofft, Janni in den Playoffs zurückzubekommen, aber das hat nicht geklappt“, sagte Boldt. „Die Interleague war dadurch auch nicht so toll, aber wir haben in den K.o.-Spielen nochmal Gas gegeben, wir haben Baseball gespielt, das hat Spaß gemacht. Jetzt geht der Blick nach vorne. Wir hoffen, dass Janni dann wieder fit ist. Wir wissen, was wir hintendran haben, dass Lenny Stöcklin und Timmy Kotowski pitchen können.“ Wir werden wieder angreifen.
Nach zwei Spielen sah es gar nicht schlecht aus. Nach dem 2:5, das die Serie eröffnete, konterten wir mit einem nahezu unüberwindbaren Riley Barr und einem 3:2-Auswärtssieg. Im dritten Spiel gingen wir gar in Führung. In den ersten acht Innings gab der herausragende Tim Stahlmann den Heideköpfen nichts Brauchbares: Für 24 Aus sammelte die Defense nur vier Assists: Lennard Stöcklin warf den Ball zum dritten und zum siebzehnten Aus an die erste Base, das achte und das vierzehnte erledigte Stahlmann selbst mit Martin Kipphan. Der Rest: Neun Strikeouts, elf Flyouts. Dann übernahm Stöcklin den Mound, strikte drei Mann aus, Ende. Vier Hits schafften die Heideköpfe lediglich, zwei Singles von Gary Michael Owens und Shawn Larry ergaben immerhin ihren einzigen Run im vierten Durchgang.Der war nicht viel wert, weil es schon seit dem ersten Inning 3:0 stand. Nachdem Kevin Kotowski schon den ersten Pitch des Heidenheimer Starters Ricky Torres als Single weggeschlagen hatte, flog ein Ball nach dem anderen ins Outfield. Owens und Larry fingen die Schläge von Stöcklin und Max Boldt zu Flyouts, Peter Johannessen und Zach Johnson schlugen etwas weiter, schlugen Back-to-Back-Homeruns zum 2:0 und 3:0. Und setzten mit ihren Kollegen die Heideköpfe weiterhin unter größeren Druck, als diese unsere Defense. Nici Weichert kam im zweiten Inning bis zur dritten Base. Jeff Hunt im vierten, Lennard Stöcklin im fünften, Martin Kipphan im sechsten durch ein Double und einen Sacrifice Hit von Weichert. Und weil Kevin Kotowski darauf den Ball zum Double ins Leftfield schickte, scorte der Infielder zum 4:1, im siebten Inning schließlich schlug Kipphan den Sacrifice Fly, mit dem Johannessen zum 5:1 scorte. Erst im achten Inning unterbrachen gelegentliche Errors die Strikeout-Serie, kam der Ex-Mainzer Sascha Lutz noch einmal auf die dritte Base, aber nicht mehr weiter.
2:1 Siege also nach drei Spielen. Jetzt noch so ein Auftritt von Riley Barr wie in Heidenheim, und wir wären im Finale – doch ein solcher Auftritt war diesmal nicht möglich: Barr hatte unter der Woche wegen Fiebers nicht trainieren können, war noch nicht wieder hergestellt, hielt lange durch, brach dann ein. Ohne dass ein einziger Ball, nicht mal ein Foulball, geschlagen worden war, war Lutz schon auf der dritten Base. Owens‘ Sacrifice Hit nutzte der Routinier zur Heidenheimer Führung, zum einzigen Run der Heideköpfe im ersten Drittel des Spiels.Das endete unentschieden, weil im dritten Inning, nach sieben schnellen Aus, auch unsere Offensive in Gang kam. Nici Weichert kam durch einen Error auf Base, rannte und rannte nach Timmy Kotowskis Double ins Leftfield bis zur Homeplate, musste sich dabei auf einen ungenauen Wurf von Lutz verlassen – und der Wurf kam perfekt, kam keine fünf Grad zu weit links oder rechts, kam genau zur Platte. Weichert hatte keine Chance. Aber Kotowski scorte kurz darauf zum 1:1 nach einem Single von Stöcklin. Wir waren drin im Spiel, bis dahin. „Und wir haben tolle Plays geschafft“, lobte Boldt seine Defense. „Der Catch von Kevin ganz hinten am Zaun, da muss man alles geben, da muss man gegen jeden Instinkt gehen, davor muss ich meinen Hut ziehen.“ Kotowski warf sich in den grünen Outfieldzaun, schnappte sich einen Ball, der ein Homerun hätte werden können. Peter Johannessen hatte kurz zuvor das Risiko demonstriert, hatte die Metallstange, die den Zaun aufrecht hält, nicht sehen können, krachte dagegen, konnte weiterspielen. „Auch die Plays von Nici trotz seiner Verletzung“ – wegen einer schweren Kapselverletzung am Daumen kann der Shortstop seit Wochen nicht trainieren, muss aber am Spieltag durchhalten, beißt sich mit großem Kampfgeist durch die Innings – „man kann uns nicht nachsagen, dass wir nicht alles gegeben hätten.“
Durch Mitch Nilssons 3-RBI-Homerun im vierten Inning nach einem Double von Owens und einem Walk für Simon Gühring brachten die von einer Busladung motivierter Fans in jeder Szene des Spieltags angefeuerten Heideköpfe die Sache jedoch aus dem Gleichgewicht. Unseren Konterversuch hatte das Infield im Griff. Im fünften Inning erhöhte Heidenheim auf 6:1, ihr Pitcher warf drei Strikeouts. Nach dem 8:1 im sechsten Inning war Schluss für den entnervten, entkräfteten Barr, das Spiel schien bereits verloren, aber so ganz aufgeben wollten wir immer noch nicht. Kevin Kotowski, Lennard Stöcklin, Max Boldt scorten zum 4:8, Zach Johnson fehlten Zentimeter zum 5:8, der Run zum denkbaren 6:8 wäre dann in Person von Martin Kipphan auf der zweiten Base gewesen. Der eingewechselte Kevin Schnorbach hatte auf dem Mound die Lage im Griff, warf zwar zwei Mann ab, servierte ansonsten aber Pitches für Flyouts, Strikeouts – und bekam erst im achten Durchgang, nach seinen ersten sechs Aus, die tatsächliche Qualität der Heidenheimer Offensive zu spüren. Als der 16-Jährige nach vier Hits und zwei Walks ebenfalls ausgewechselt wurde, stand es 4:13, nach dem sechsten Pitch des eingewechselten Nici Weichert 4:14.
Und ganz aussichtslos war es immer noch nicht. Max Boldts Homerun war das 5:14, Singles von Peter Johannessen, Zach Johnson und Martin Kipphan das 6:14, die Bases waren bei zwei Aus noch einmal voll besetzt, die Runner kamen aber nicht heim, das erhoffte 10:14 im achten Inning blieb eine Illusion. Und Peter Johannessens Homerun zum 9:14 im neunten Inning machte lediglich das Ergebnis ein bisschen weniger hässlich. 15:15 Hits, 2:1 Errors zu unseren Ungunsten zeigen, wie eng das Spiel im Grunde war. Und dass wir mit einem fitten Starter gute Aussichten gehabt hätten, das Halbfinale in vier Partien zu gewinnen.
In der fünften hatten wir keine Chance. „Das wussten wir auch“, gab Owens zu. „Letztes Jahr wussten die Jungs, dass sie Spiel 5 gegen Mainz verlieren werden, diesmal war’s andersherum.“ Recht hatte er, der mit sechs Runs und neun RBIs überragende Centerfielder der Heideköpfe. Diese hatten Clayton Freimuth aufsparen können, wir mussten zusehen, wie weit wir mit dem jungen Starter Yannic Wildenhain kommen sowie mit den Feldspielern, die auf dem Mound aushelfen können. Das war nicht weit. Weil außerdem im Infield und Outfield Fehler passierten, stand es nach zwei Innings durch drei Homeruns – zwei von Owens, einer von Zach Johnson zum zwischenzeitlichen 1:3 – schon 1:7. Weitere Homeruns von Shawn Larry (gegen Timmy Kotowski) und Nilsson (gegen Lennard Stöcklin) erhöhten auf 12:1, verschiedener Kleinkram auf 14:1. „Und das wird der Sache nicht gerecht“, ärgerte sich Boldt. „Heidenheim war offensiv stark, uns ist die Puste ausgegangen. Und es war klar, dass wir gegen Freimuth, den besten Reliever Deutschlands, ein schweres Match haben würden. Ich hatte gehofft, dass sie ihn vorher werfen lassen müssen, wir hatten auch gehofft, das vierte Spiel zu gewinnen und den Haken zu setzen. Wir haben zwar nie aufgegeben, aber hatten unsere guten Pitcher aufgebraucht. Gegen diesen Gegner wird es dann extrem schwierig.“Jetzt sind wir gespannt, ob es den Bonn Capitals mit dem frisch eingeflogenen Markus Solbach gelingt, Heidenheim den Titel noch wegzuschnappen, oder ob die Meisterschaft im Süden bleibt. Unser Team hat einstweilen ein paar Wochen Pause, eine wohlverdiente Pause, um sich von der anstrengenden Saison zu erholen, eine wichtige Pause vor allem für Janni Stöcklin, Kevin Kotowski, Nici Weichert, Marcel Schulz, um die Verletzungen auszukurieren. 2018 wollen wir die erfolgreiche Arbeit der vergangenen Jahre weiterführen und wieder auf höchstem Bundesliganiveau konkurrenzfähig sein. cka / Fotos: Tanja Szidat