Das qualitativ hochwertigste Baseballspiel, das der Hartmühlenweg in letzter Zeit sah, war unsere Bundesligapartie gegen die Ulm Falcons sicherlich nicht. Aber eins der interessantesten, vielleicht eins der nützlichsten Spiele. Denn ernsthaft: Früh 3:0 führen und das zu irgendeinem nicht haushohen, aber irgendwie jederzeit klaren 9:5 ausbauen, das kann jeder, wenn er’s kann. Unser Team musste nach einem verunglückten ersten Drittel von einem deutlichen Rückstand zurückkommen, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass jeder, der die Falcons noch nicht gesehen hat, die Heimniederlage eines Vorjahres-Top-3-Teams gegen einen Doppelaufsteiger für eine Blamage halten würde. Die Ulmer sind gut, sind kein Opfer für die Etablierten, das zeigten sie am Freitag. Aber sie zeigten auch ihre Schwäche, die sie am Ende das Spiel kostete, die uns nach langem Kampf den 11:8-Heimsieg gab: Sie haben noch nicht das Pitching für lange Schlachten. Wir hatten es.
Der Ulmer Starter, der Kroate Antonio Horvatic, war ein schwieriger Gegner. Das Geschoss, das er Fastball nennt, hörte man bis auf die Tribünen zischen, es half ihm zu zwei Strikeouts im ersten Inning, jeweils einem im zweiten und dritten, jeweils zwei weiteren im vierten und fünften. Dann nahmen die Ulmer Horvatic vom Mound. Sie führten 6:4 und die Reliever brachen ein, warfen in drei Innings nur noch einen Strikeout, dagegen acht Walks. Die gleiche Streuung der Pitches hatte ihnen den zwischenzeitlich hohen Vorsprung gebracht. Jake Watts hatte gut angefangen, in den ersten beiden Innings nur einen Runner zugelassen, fast nur Strikes geworfen. Ab dem dritten aber fand der Starter die Strikezone nicht mehr. Zweimal hatte er bei keinem Aus alle Bases besetzt, zweimal wurden daraus durch gute Hits drei Runs für die Falcons. Wir konterten dazwischen durch einen Walk für Nici Weichert und zwei Doubles von Max Boldt und Austin Gallagher zum 2:3, direkt nach dem 2:6 mit relativ einfachen Mitteln (Basehit Kevin Kotowski, Hit by Pitch Weichert, Basehit Boldt und einen Wild Pitch) zum 4:6. Und hatten in diesem vierten Inning, allerdings bei schon zwei Aus wieder alle Bases besetzt, weil die Falcons Gallagher per Ansage kampflos auf die erste Base schickten. Martin Kipphan hatte die 8:6-Führung auf dem Schläger, kassierte aber das dritte Aus.„Ulm hat bewiesen, dass sie sich in der Bundesliga etablieren wollen“, sagte Boldt. „Das war ein gutes Spiel von ihnen. Der Starter war gut und die Offense hat ihre Chancen knallhart ausgenutzt. Wir hatten zwar auch viele Chancen herausgespielt, ich weiß gar nicht, wie viele Runner wir auf Base gelassen und nicht heimbekommen haben.“ 16 in acht Innings. „Das war schon im ersten Spiel gegen Mannheim so. Wir müssen mehr Punkte machen.“
Watts hatte noch während des vierten Innings Feierabend; direkt nach dem 2:6 übernahm Yannic Wildenhain, der uns aus dem Inning holte, auch im seinem zweiten Durchgang bis auf einen einzelnen Basehit nichts zuließ, in seinem dritten, dem insgesamt sechsten, etwas wackelte, aber die beiden Ulmer Runs mit viel Pech kassierte. Nach zwei Walks ging ein Doubleplay haarscharf schief. Dann verlor Nici Weichert einen hohen Flugball, den er bei Tageslicht locker gefangen hätte, im Flutlicht. „Der war höher als die Masten. Ich habe ihn nicht mehr gesehen. Das kann bei Nightgames passieren“, sagte der Infielder, der den Ball rechtzeitig wieder fand und verarbeitete, um mit einem Wurf an die Homeplate das 4:9 zu verhindern. Vermeidbarer war wohl Gallaghers Error zum 4:7.Aber beide Infielder trugen in der Schlussphase zur Wende bei. Noch im sechsten brachte Gallagher mit seinem Single Peter Johannessen von der ersten zur dritten Base; der Schwede scorte später im Infield Play, das Gallagher wieder von der Base holte, zum 5:8. Und Lennard Stöcklin, dem die Ulmer im gleichen Spiel die erste Base gaben, erledigte nach einem Wild Pitch und einem weiten Single von Timmy Kotowski das 6:8. Im siebten Inning war Weichert mit seinem Walk ein Teil von Kevin Kotowskis 7:8 – durch viele ungenaue Pitches schaffte es der Centerfielder kampflos bis zur dritten Base, Johannessens Sacrifice Hit gab ihm die Zeit für die letzten Meter. Und nachdem Wildenhain die Kontrolle wiedergefunden, im siebten Inning drei Strikeouts geworfen und im achten keinen Runner auf die Bases gelassen hatte, kippte die Partie im achten Inning endgültig. Wieder gab es drei Walks für die ersten vier Angreifer. Stöcklin und die Kotowskis besetzten alle Bases, nur Shane Salley vermochten die Falcons ins Dugout zurückzuschicken. Weichert gab uns mit einem 2-RBI-Single die Führung, Gallagher mit seinem zweiten Double das 11:8. Und Lennard Stöcklin als Closer mit zwei Bällen, die er selbst einsammelte, und einem Strikeout den Heimsieg.
„Wir haben den Job erledigt“, sagte Weichert. „Wir haben gewonnen. Nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten, aber wir haben uns nach dem frühen Rückstand als Team zurückgekämpft.“ Boldt lobte seinen Reliever Wildenhain: „Yannic hat uns ein richtig gutes Spiel gegeben, hat den Rückstand knapp gehalten, und wir haben nie aufgegeben. Zuhause haben wir ja schon viel gedreht, große Comebacks geschafft.“ Ob der Coach zwischendrin nervös war? „Ein bisschen Nervosität hat man ja immer. Aber ich habe den Jungs vertraut. Ich wusste, dass sie die Pitcher schlagen können. Ich hätte gern früher geführt, aber wir wissen ja, dass wir bis in die späten Innings gut sind.“ cka / Fotos: Tanja Szidat, sportausmainz/Eisenhuth, cka