Nici Weichert (ebenso Shane Salley und Austin Gallagher) war defensiv zuverlässig…
…und offensiv nicht nur für die Kamera, auch für die Legionäre zu schnell

Ja, stimmt ja schon, dass man mit Statistiken vorsichtig sein muss. Dass man Daten nicht isoliert betrachten soll, immer in Korrelation miteinander setzen soll, sonst führen sie einen schnell in die Irre. Glauben wir unseren Offensivstatistiken, stellen wir Überraschendes fest – unser Angriff ist nicht signifikant schlechter als im vorigen Jahr. Lennard Stöcklin, Max Boldt, Timmy Kotowski mögen ihren 2017er-Werten noch hinterher laufen, das kompensieren Nici Weichert mit einer großartigen Steigerung (AVG .365 nach 16 Spielen, 2017 hatte er .244 in 42) und Austin Gallagher (.510) als enormes Upgrade seines Vorgängers Jeff Hunt (.288) locker. Alle anderen sind nicht signifikant besser oder schlechter als zuvor. Das ist es, was manch einen in diesen Tagen so ratlos macht. Der Eindruck, die Offensive sei nicht gut, wird von den Zahlen nicht untermauert. Für die doppelte Heimniederlage gegen Regensburg – 1:4 und 2:3 – gibt es eigentlich keinen Grund.

Ergebnisse

Mannschaft123456789RHE
Legionäre030000001451
Athletics100000000171
Details zum Spiel
Tatsächlich lebten die Legionäre am Freitag von einem enorm glücklichen zweiten Inning. 1:0 stand es durch den Leadoff-Run von Kevin Kotowski, als die Gäste mit drei Doubles und einem Triple in wenigen Minuten drei Runs über die Platte brachten. Vier Extra-Base-Hits, die wir uns genauer ansehen müssen:

David Grimes‘ Double: Einfach ein guter Schlag. Marcel Jiménez‘ RBI-Double dagegen begann als Allerwelts-Hoppler, wäre ein müheloses 5-3-Groundout geworden (oder womöglich ein Foulball), wäre der Ball nicht zwei Schritte vor Austin Gallagher so eigenartig versprungen, dass ihn selbst unser größter Infielder mit seiner enormen Spannweite einfach nicht erreichen konnte. Vielleicht hätte Grimes nach dem folgenden Flyout von Nino Sacasa ins Leftfield trotzdem gescort, nicht auszuschließen, dass er schon bei Jimenez‘ Schlag lieber an der zweiten Base geblieben wäre. Bei Alexander Schmidts Triple flutschte der Ball wiederum gerade so unerreichbar an Kevin Kotowski vorbei ins hinterste Centerfield, aber ebenso wie Jannis Muschiks Double hätte es den Schlag im zweiten Inning ohne den glücklichen Hoppler ja gar nicht gegeben.

Der war der erste Schlüsselmoment in einem eigentlich völlig ausgeglichenen Spiel. Der zweite war der Homerun von Martin Kipphan im vierten Inning, der nicht gewertet wurde, nicht gewertet werden konnte. Oh, der Ball war draußen, der hatte den Zaun überquert. Doch Muschik hatte sich mit einem spektakulären Sprung in den Zaun geworfen, mit ganz langem Arm über die rote Homerun-Begrenzung hinweg gegriffen – und den Ball gerade so noch erwischt. Flyout. Ist so.

Unsere Defense, unser starker Pitcher Jake Watts hatten die Lage ansonsten gut im Griff. Die Legionäre hatten keinen Runner im ersten, im dritten, im vierten, im achten Inning, keinen gefährlichen im fünften und im siebten. Nur im sechsten Durchgang war’s mal knapp, ein Doubleplay von Leftfielder Peter Johannessen mit Catcher Max Boldt war notwendig und kam rechtzeitig, um Grimes an der Homeplate noch zu erwischen. Den vierten Run schafften die Legionäre erst im neunten Inning.

Und hier liegt das Problem des Spiels. Sieben Innings hatten unsere Schlagleute, um das 1:3 zu kippen, ein weiteres, um das 1:4 noch einmal anzugreifen. Sie schafften es nicht, trotz bester Ansätze. Zweimal war Nici Weichert bei einem Aus auf der dritten Base, zweimal kam er nicht weiter. Auch Johannessen hatte noch im ersten Inning drei Viertel seines Runs geschafft – Shane Salley schlug ins Doubleplay. Boldt, Kipphan, Stöcklin besetzten schließlich im neunten Inning bei zwei Aus alle drei Bases. Den Walkoff-Homerun zum spektakulären Sieg soll man von Nici Weichert nicht ultimativ verlangen. Ein Double hätte vielleicht den Ausgleich gebracht, ein Single (und zwei Singles hatte Weichert schon) hätte das Ergebnis verkürzt, hätte Kevin Kotowski die nächste, vielleicht Johannessen die übernächste, vielleicht Gallagher die letzte Chance gegeben – und der Ball kam gerade ungünstig genug, dass er im Infield blieb und das Spiel vorbei war. 7:5 Hits sehen schön aus, 1:4 Runs jedoch sind entscheidend.

„Es gibt ja einen Grund, warum die Zweiter sind“, sagte Boldt. „Wir haben sie trotzdem in Hits geschlagen, aber wir hatten ab und zu Pech. Leider haben wir ein Big Inning zugelassen. Aber man kann keinem einen Vorwurf machen.“ Wir waren nicht schlechter als Regensburg. Wir hätten nicht verlieren müssen.

Regensburg zweifelt noch: Gegen die Strikes von Connor Little fehlten den Legionären lange die Mittel.
Foulball, Groundout, Flyout – Max Boldt brachte den Ball immer wieder ins Spiel und hatte dann doch nichts davon

Und wir hätten auch das zweite Spiel nicht verlieren müssen, in dem wir sogar zweimal führten. 1:0 durch Nici Weicherts Run, der im dritten Inning durch einen Error und zwei Basehits von Kevin Kotowski und Johannessen durchkam. Und nach Regensburgs Ausgleich im fünften Durchgang wiederum 2:1 im sechsten, durch Johannessens Double und Boldts Sacrifice Fly. Im siebten Inning ging’s verloren. Ein Walk und ein Double bei keinem Aus setzten den bis dahin gewohnt herausragenden Connor Little unter Druck. Die drei schnellen Aus kamen, aber sie kamen nicht rechtzeitig, um die beiden Runner noch einzufangen. Wir brachten im neunten Inning noch einmal Salley auf die zweite Base, bei einem Aus. Nicht weiter. Lennard Stöcklin schlug schließlich ins letzte Aus.

Ergebnisse

Mannschaft123456789RHE
Legionäre0000102003111
Athletics001001000270
Details zum Spiel
„Ich hasse es, zu verlieren“, ärgerte sich der Infielder und Closer. „Ich habe keinen Bock mehr darauf.“ Die richtigen Ansätze hatte Stöcklin erkannt: „Wir sind als Team positiv geblieben, mehr als zuletzt. Wir haben in beiden Spielen versucht, noch etwas zu rütteln. Wir hatten die Hits, aber wir hatten sie nicht in der richtigen Situation.“ Stöcklin erinnerte an die erste Führung: „Zwei Aus, dann Nicis Single“ – der als Error gescort wurde – „Kevins Single, Johannessens Single – so schnell scort man einen Run! Wir waren doch auf Augenhöhe.“ Nächste Woche kommt der Tabellenführer, kommt Heidenheim. „Ein richtig starker Gegner“, sagte Stöcklin, „aber wir wollen ihn zweimal schlagen.“

„Und wir können das“, bestätigt Boldt, „wir haben die schon geschlagen. Müssen wir auch, wenn wir in die Playoffs wollen.“ Verrückt machen lassen will der Coach sich und seine Spieler nicht. „Wir müssen am Ball bleiben, müssen unser Bestes geben, und dann gucken wir am Ende, wo wir stehen.“ Text und Fotos: cka

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