Dem neuen Homerun Leader der Mainz Athletics war die Erleichterung deutlich anzumerken. Im vierten 2017er-Halbfinale gegen die Heideköpfe hatte er Larsons Bestmarke erreicht, 20 Spiele hatte er seither auf den folgenden Homerun warten müssen. „Klar“, sagte Boldt, „ich spiele nicht, um Rekorde aufzustellen, aber es ist schön, dass harte Arbeit sich auszahlt. Ich hatte ja schon früh gute Jahre ohne Homeruns, habe hart trainiert, um kräftiger und besser zu werden. Das ist jetzt eine schöne Bestätigung dafür, dass man eine Rolle spielt und der Mannschaft helfen kann, eine Belohnung für die Arbeit.“
Vor allem aber war’s der Ausgleich zum 3:3. Und weil der Heidenheimer Starter Clayton Freimuth zwar mit einem Strikeout weitermachte, dann aber schwächelte, gingen wir sogar in Führung; vier Walks am Stück für Kevin Kotowski, Nici Weichert, Shane Salley und Timmy Kotowski brachten das 4:3 über die Platte. „Fünf Innings waren wir gut“, sagte Boldt. „Wir haben lange gut gekämpft. Aber Heidenheim hat viel mehr Tiefe im Kader, den Unterschied haben wir gemerkt. Die können gegen jeden Gegner 10, 15, 20 Runs machen. Und irgendwann sind sie uns davongelaufen.“
Zwei Walks zu Beginn des fünften Innings kosteten die Führung. Gary Owens, der mutmaßlich beste Schlagmann der Bundesliga, brachte beide Runner mit einem Double heim, scorte selbst nach einem Wurffehler im Infield. Simon Gühring – einer von sehr wenigen Bundesligaspielern, die noch mehr Homeruns geschlagen haben als Max Boldt – legte das 7:4 drauf, Ludwig Glaser das 8:4. Vielleicht war das schon die Entscheidung, vielleicht das 10:4 im sechsten Durchgang. Boldt verkürzte nach seinem dritten Hit des Tages auf 5:10, Heidenheim erhöhte im siebten Durchgang auf 11:5 und im neunten durch zwei weitere Homeruns gegen Timmy Kotowski und Kevin Schnorbach auf 17:5. „Es tut schon weh, so hoch zu verlieren“, gab Boldt zu – immerhin: „Die Jungen haben am Ende gezeigt, dass sie uns viel Energie geben können. Das war schön zu sehen.“ Damit meinte der Coach den 16-jährigen Jerome Noso, den 20-jährigen Victor Voll, den 19-jährigen Eric Keller, die im neunten Inning als Einwechselspieler in die Partie kamen, die zwar keine Hits schafften, aber sich Walks holten, Errors provozierten, noch zwei Runs zum Endstand schafften. Mehr war gegen diesen weit über Bundesliga-Niveau besetzten Gegner nicht möglich.
So weh aber die erste Partie gegen die Heideköpfe tat, so gut fühlte sich das zweite Spiel an. „Es war eine sehr, sehr gute Mannschaftsleistung“, freute sich Max Boldt, „ein viel besseres Spiel in allen Aspekten, das beste in diesem Jahr gegen den stärksten Gegner“, fand Timmy Kotowski. „Gegen ein tolles Team“, urteilte Connor Little, „eine tolle Lineup mit einem tollen Pitching Staff.“ Wir haben sie geschlagen, zum zweiten Mal schon in diesem Jahr, was nicht so vielen Konkurrenten gelingen wird. „Und es hat so einen Spaß gemacht, Teil dieses Spiels zu sein“, strahlte Little. Im Verbund mit seinem Catcher Austin Gallagher legte der Pitcher die Grundlage zum 10:4-Erfolg. Drei Strikeouts im zweiten Inning hielten unsere frühe 3:0-Führung durch das zweite Double von Shane Salley und den ersten von ungewohnt vielen Abwehrfehlern des Deutschen Meisters lange genug aufrecht, um unserem Team die Zuversicht zu geben, durch die sie nach Gary Owens Homerun zum Ausgleich sofort wieder in Führung ging. Martin Kipphan war’s, der schon im dritten Inning nach den Basehits von Kevin Kotowski und Nici Weichert in seinem 400. Bundesligaspiel den wichtigen 2-RBI-Basehit zum 5:3 schlug. „Wir haben einfach früh angefangen, Punkte zu machen“, lobte Boldt sein Team, „und wir haben nicht damit aufgehört.“ Die Heideköpfe verkürzten noch auf 4:5, ehe wir im großen sechsten Inning das zwischendrin etwas eingeschlafene Spiel endgültig entschieden. Austin Gallagher war durch einen weiteren Fehler im Infield auf die Base gekommen, Walks für Kevin Kotowski und Weichert hatten die Heideköpfe weiterhin unter Druck gesetzt. Auch sein zweiter Pitcherwechsel – Jules Spann übernahm für den ersten Reliever Marcel Giraud – rettete den Deutschen Meister nicht mehr: Shawn Salley räumte mit einem 3-RBI-Double alles ab und scorte selbst noch nach Timmy Kotowskis Single zum 9:5. Es war die offensive Krönung einer herausragenden Leistung des Leftfielders. Salley muss noch eine Menge Restwut im System gehabt haben, Zorn über die Niederlage, über die Leistung des Vorabends. Bei der Revanche steigerte er sich zum alles überragenden Spieler auf dem Platz, zeigte er seine Centerfield-Vergangenheit, indem er seine Zone von der Seitenlinie bis weit in die Mitte und nahe ans Infield ausdehnte. Der sonst durch seine ruhige Zuverlässigkeit so wertvolle Teamspieler, eher ein topseriöser, effizienter Fleißarbeiter als ein exzentrischer Superstar, scheuchte mit lauten „Mine, mine, mine“-Rufen die Kollegen von Flugbällen weg, machte jeden Catch mit schnellen Reaktionen, langen Sprints, spektakulären Dives, schlug fast nebenbei die beiden wertvollen Doubles. Victor Voll hätte der zweite große Gewinner der Partie werden können. Der mit einer Saison für die Bad Homburg Hornets vor drei Jahren noch nicht allzu erfahrene Infielder spielte an der zweiten Base anstelle von Lennard Stöcklin, der gegen Spielende als frischer Reliever ein knappes Spiel über die letzten Innings hätte bringen sollen, das es allerdings gar nicht gab. Nach seiner einjährigen Pause war der junge Voll ohnehin beeindruckend schnell wieder auf Bundesliga-Niveau gekommen. Mit drei Basehits und fehlerfreien Plays nach den wenigen Bällen, die überhaupt in seine Richtung kamen, machte der Wieder-Einsteiger möglicherweise sein bestes Spiel in der bisherigen Saison. Allerdings kam er meist bei zwei Aus an den Schlag; bis auf Kipphan, der im achten Inning zum 10:4 scorte, schafften es die Runner, die Voll weiterbrachte, in den folgenden Szenen nicht ins Ziel.Aber sei’s drum. „Das war ein riesiges Spiel für unser Team“, sagte Little, „das haben wir wirklich gebraucht. Und wir haben es als Team geschafft. Ich hatte eine großartige Defense hinter mir. Ich hatte eine Offensive, die die Runs gescort hat, wenn ich welche abgegeben habe. Wir hatten die Power, wir hatten die Geschwindigkeit, wir hatten die Überzeugung. Den Schwung wollen wir in die nächsten Spiele mitnehmen.“ Text und Fotos: cka