Die Serie lief – und legte eine schmerzhafte Bruchlandung hin. Mit mindestens einem Split, lieber zwei Siegen wollten wir die Haar Disciples unter Druck setzen, statt dessen geht es jetzt darum, die Tornados noch einzufangen. Das 1:5/0:1 gegen die Disciples hat uns das Wochenende schon ein bisschen versaut.
„Wir sind vor der Saison nicht davon ausgegangen, in so eine Situation zu kommen“, sagte Max Boldt, als auch das zweite Spiel zu Ende verloren war. „Jetzt müssen wir hoffen, Mannheim noch vom vierten Platz zu vertreiben. Ich weiß nicht, ob wir es noch hundertprozentig selbst in der Hand haben.“ Hochrechnungen fangen wir jetzt allerdings keine an, die wären nicht hilfreich. Boldt will das Gegenteil erwirken: „Wir müssen einfach locker sein. Wir müssen unser Spiel spielen, wir müssen Spaß am Spiel finden. Es ist ja ein Spiel. Wir sind froh, dass wir es auf diesem Niveau spielen dürfen. Es soll Spaß machen.“Viele Wiederholungen, die zeigen, wie sehr das Spannungsfeld zwischen dem Druck des Leistungssports und der notwendigen Lockerheit an der Mannschaft zerrt. „In den letzten Jahren haben wir locker gespielt“, sagte Boldt, „wir haben das Ding durchgezogen.“ Sind auf diese Weise Deutscher Meister geworden, sind auf diese Weise ein Jahr später mit einer Menge Pech im Halbfinale an unserem späteren Nachfolger gescheitert. Dieses Jahr gelingt es nicht. „Wenn etwas gegen uns läuft, wenn etwas nicht nach Plan läuft, werden wir zu schnell unruhig“, sagte Boldt. „Und so kann man nicht spielen. Das ist ungünstig, gerade in einem Sport wie Baseball, der einem sowieso keine Fehler verzeiht. In dem man auch der beste Schlagmann die meiste Zeit nicht erfolgreich ist. Unter Druck ist man fast zum Scheitern verurteilt.“
Ein einziger Wurffehler im ersten Inning des Spieltags kostete wohl schon die erste Partie. Ein Error, der zunächst einen Runner scoren ließ, der weiterhin das Inning eben nicht beendete, so dass im weiteren Verlauf zwei weitere Runs durchkamen. Peter Johannessen verkürzte umgehend nach Schlag von Kevin Kotowski auf 1:3, auf ein Zwischenergebnis, an dem sich sieben Innings lang nichts änderte.
Der Schlag von Kotowski reichte nicht, um auch diesen auf Base zu bringen, er war das zweite Aus, lediglich Boldt war noch auf Base. Nici Weichert schob den Coach weiter. Shane Salley holte sich den Walk, der alle Bases füllte. Die 2-Out-Rally lief eine Weile. Und Timmy Kotowski schlug den Ball, der den Ausgleich, vielleicht die Führung hätte bringen können, ein bisschen zu steil, ein bisschen zu unplatziert, zwar ins Outfield, aber auch in den Handschuh des Verteidigers. Und hatte im sechsten Inning zwar nur einen Runner auf Base, aber ebenfalls auf der dritten – ebenfalls bei zwei Aus. Wieder Outfield, wieder Flyout. Pech, weiter nichts.Und die Disciples? Brachten vom zweiten bis zum achten Inning keinen Runner über die erste Base hinaus, mit Ausnahme des vierten Durchgangs, der mit zwei Walks und einem Basehit nicht gut begann, aber nach einem herrlichen Doubleplay (Catch von Kevin Kotowski im Centerfield, gewaltiger Wurf an die Homeplate zu Max Boldt) und einem weiteren Flyout des älteren Kotowski schnell vorbei war.
Das zeigt vor allem die überragende Leistung des Notfall-Pitchers. Der Stamm-Starter Jake Watts fiel komplett aus, meldete immerhin am Samstag, dass die Schulter sich schon wieder etwas stabiler anfühle, wird womöglich bald wieder bereit sein. Sein Ersatzmann Lennard Stöcklin war völlig erschöpft nach fast neun Innings, nach 125 Pitches. „Ich spüre es im Arm“, sagte Stöcklin tags drauf, „ich spüre es auch im Rücken. Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Pitches geworfen.“ Mehr Strikes als sein Kontrahent, der erfahrene tschechische Nationalpitcher Jan Tomek, auch prozentual. „Ich ziehe den Hut vor Lenny“, lobte Boldt seinen Pitcher. „Er ist ja kein Starter und hat fast ein komplettes Spiel geworfen.“Und hätte ohne den Error acht Innings lang keinen Run kassiert. Erst im neunten flutschte ein perfekter Schlag Zentimeter über die erste Base und ins äußerste Rightfield und brachte den Disciples die Zeit für zwei weitere Punkte. Die aufzuholen war im Grunde utopisch; der jüngere Kotowski und Victor Voll kamen noch mit Basehits auf den Weg, aber nicht mehr ins Ziel.
Die zweite Partie war weitgehend ereignislos, langsam, einschläfernd. Der Disciples-Pitcher nahm mit langen Pausen zwischen seinen Würfen jedes Tempo aus der Partie, Connor Little passte sich an. Für die ersten sechs Innings, in denen nahezu nichts passierte, in denen wir acht Runner und die Disciples sogar nur fünf hatten, brauchten wir schon mehr als zwei Stunden. Runs gab es nicht, am nächsten dran waren wir im fünften Inning mit Salley, Timmy Kotowski und Peter Johannessen auf den Bases – aber wieder schon zwei Aus. Das dritte schafften die Disciples. Die waren ihrerseits nur im vierten Inning kurz gefährlich; nach einem Wild Pitch schafften der zurückgesprintete Catcher Austin Gallagher und der nachgerückte Connor Little das dritte Aus an der Homeplate.In Führung ging Haar im siebten Inning in einer eigentlich relativ harmlosen Situation, bei einem guten Schlag ins Outfield, der den Runner aber nicht weiter als bis zur dritten Base gebracht hätte, wäre der Ball nicht auf dem Rückweg im Infield verlorengegangen. 0:1 – und der Ausgleich lag in den verbleibenden drei Durchgängen nicht mehr konkret in der Luft.
„Zugegeben haben wir gegen einen sehr guten Pitcher gespielt“, sagte Boldt. Die Disciples auch, es war kein Spiel, in dem viele Runs möglich waren. „Beide haben ein Complete Game geworfen. Connor hat wie Lenny im ersten Spiel alles für den Erfolg getan, sie haben gekämpft, sie haben mehr Unterstützung verdient“, trauerte Boldt der großen Chance auf einen Comeback-Sieg nach. „Ich fühle mich schlecht, dass sie keinen Run-Support hatten.“Das gilt es jetzt abzuhaken. Die beiden Spiele sind verloren und bleiben verloren. Sechs Partien folgen noch, darunter zwei gegen den direkten Konkurrenten. Wir werden sie spielen und dann sehen, wohin sie uns geführt haben. Text und Fotos: cka