„Pitchen ist wie Fahrradfahren“, sagt Mike Otto, „das verlernt man nicht.“ Acht Jahre ist es her, dass der Veteran seine bisher letzten Bundesliga-Strikeouts warf – als Reliever der Bad Homburg Hornets am Spieltag in Mainz gegen Max Boldt, Martin Kipphan, Andreas Lastinger und Nici Weichert. Acht Jahre später, zwei Tag nach seinem 38. Geburtstag, kam der Ex-Nationalspieler in einer Drucksituation zurück in die Bundesliga. 4:3 stand es im zweiten Spiel gegen die Regensburg Legionäre, die wir am Vorabend bereits 3:2 geschlagen hatten. Ein Inning mussten wir noch überstehen, drei Aus fehlten zum Sweep. „Das wird sich zeigen, wie das läuft“, sagte Max Boldt, „aber es wäre schön, wenn wir am Ende sagen könnten: Wir haben noch ein Inning, wir brauchen noch drei Aus, und wir haben einen dafür, das ist unser Mann.“
Am Samstag war Mike Otto dieser Mann. Der erste Hitter der Legionäre in diesem neunten Inning brachte noch den Ball ins Spiel – direkt zu Boldt, der das Play mit Austin Gallagher zum ersten Aus machte. Den zweiten schickte Otto mit einem Strikeout wieder weg. „Mike hat ja schon viele Innings in seinem Leben gepitcht“, sagte Boldt, alleine in der Bundesliga mehr als 500. „Der weiß, wie man das macht.“ Mitch Stephan wiederum war für den Showdown der richtige Gegner, der weiß nämlich auch, wie man das macht. Der Regensburger lieferte Otto eine heiße Schlacht, hatte zwar schnell zwei Strikes, hatte aber auch Geduld, ließ sich aber nicht unter Druck setzen, verteilte alles, womit er nichts anfangen konnte, als Foulballs in die Zäune. Dem Walk kam Stephan damit aber nicht näher. Der Pitch, den er brauchte, kam nicht. Zwanzig Bälle warf Otto im gesamten Inning, 14 davon waren Strikes, und der letzte bedeutete den Sieg über Stephan, Ottos zweiten Strikeout, den Schlusspunkt eines spektakulären Comebacks. „Das war ein sehr emotionaler Moment für mich“, sagte der Veteran, „ein Gefühl, das ich lange nicht mehr hatte.“ Schon am Freitag hatte Gallagher gestaunt: „Ein ziemlich unwirkliches Spiel. Und was für ein Start für den Neuen!“ Nicht nur unser Infielder war schwer beeindruckt von Mike Blankes Debüt. Auch die Legionäre konnten, mitten im Spiel am Dugout vom Mannheimer und Ex-Mainzer Julius Spann auf Blanke angesprochen, kaum fassen, womit sie da konfrontiert waren. Blankes erster Schlag im ersten Inning war noch seitlich über den Backstop gegangen. Der zweite, Sekunden später, war ein No-Doubter, ein gewaltiges Geschoss über das Leftfield, vom Publikum schon bejubelt, lange bevor es über den Zaun in Richtung Parkplatz verschwand. Blankes dritter Schlag, kurz nach dem Ausgleich im dritten Inning, kam nur ein bisschen flacher, blieb im Zaun hängen, wurde ein RBI-Double für Kevin Kotowskis 2:1. Dem Regensburger Centerfielder Pascal Amon, der sich beim Versuch, diesen Ball noch zu erwischen, am Handgelenk verletzte, wünschen wir gute Besserung! Der vierte Schlag war nichts, wurde von Amons Nachfolger Marcel Jiménez gefangen. Der fünfte schließlich landete wieder im hintersten Centerfield am Zaun, ein Triple für den Ex-Profi.„Niemand weiß, wer du bist“, schwärmte Gallagher von seinem neuen Kollegen, „du kommst rein und machst dann so ein Spiel, bist ein Teil von jedem Run!“ Wiederum hatten die Legionäre gerade erst ausgeglichen. Nach dem Triple riskierte ihre Defense viel gegen Gallagher, auch das Outfield rückte weit nach innen, weit weg vom Zaun. Das hätte fürchterlich schief gehen können, der große Raum in deren Rücken hätte bei einem gut platzierten Grounder vielleicht sogar einen Inside-the-Park-Homerun ermöglicht, es ging zunächst gut: Der etwas zu steile Flugball kam wieder zu Jiménez und dessen Wurf zur Homeplate kam so schnell, dass Blanke nach wenigen vorsichtigen Schritten wieder kehrt machte – und kurz darauf einen Wild Pitch zur dritten Führung nutzte, die der Reliever Tim Stahlmann mit Unterstützung seines Infields souverän über die letzten drei Aus brachte.
„Das Scoreboard zeigt, wie’s war“, analysierte Gallagher die Partie. „Zwei sehr gute Pitcher. Lenny war herausragend, hat nur einen Unearned Run abgegeben, ist in fast jedem At Bat in Führung gegangen, hat viele erste Pitches als Strike geworfen.“ Viele Strikeouts waren nicht dabei, lediglich einer gegen den Regensburger Leadoff im ersten Inning und ein weiterer im vierten, aber die Angreifer standen fast immer unter Druck, konnten es sich fast nie leisten, auf den schönen Pitch zu warten, mussten mit dem auskommen, was kam. Zwei Hits im dritten Inning brachten José Palacios zum 1:1 durch, nachdem dieser durch einen missglückten Wurf durchs Infield auf die zweite Base gekommen war – Kotowski und Blanke konterten sofort mit dem 2:1. Im ersten Inning hatte es schon einen Hit für die Legionäre gegeben, im sechsten einen Walk, das war alles, was Lennard Stöcklin den Legionären erlaubte. „Die Defense hat es mir aber auch einfach gemacht“, gab dieser das Lob weiter. Und auch defensiv hat Blanke einen großen Anteil: „Mit seiner Präsenz hinter der Platte und seinem starken Arm macht er einfach einen guten Job“, sagte Gallagher, der seinen Job als Catcher erst einmal verloren haben dürfte. „Ich werde an der ersten Base spielen“, sagte der Rückkehrer, „oder an der dritten, im Leftfield, überall.“
Im ersten Spiel noch nirgends. Gallagher kam als Designated Hitter in die Bundesliga zurück. Im zweiten stand er bereits an der ersten Base und kam auch offensiv mit drei Hits und drei RBIs wieder zur Geltung. Es war das schwierigere Spiel, das kritischere. Die Legionäre hatten einen guten Start gegen Thomas Fitzgerald, der im ersten Inning noch eine zu große Streuung in seinen Pitches hatte, noch ein bisschen verhauen wurde, schnell 0:1 zurück lag. Der neue Pitcher fing sich aber schnell, kam bei Runnern auf der zweiten und dritten Base mit einem Strikeout aus dem Inning, eröffnete das zweite und dritte mit weiteren Strikeouts. Dennoch wirkten die Legionäre ein bisschen reifer, ein bisschen besser – und doch in entscheidenden Szenen nicht stabil genug. Im dritten Inning reichte Blanke ein eigentlich misslungener Schlag ins linke Infield, um Nici Weichert zum Ausgleich heimzubringen. Der war vom Pitch getroffen kampflos auf die erste Base und durch zwei Wild Pitches zur dritten weitergekommen. Im fünften Durchgang hatten die Legionäre sogar Glück, nicht durch einen weiteren Run des Shortstops schon wieder in Rückstand zu geraten. Bereits bei zwei Aus stand Weichert mit einem Walk und dem nächsten Wild Pitch auf der zweiten Base. Kevin Kotowskis Schlag ins Centerfield war weit, der Wurf zurück an die Homeplate kam aber perfekt, Weichert war aus. Statt dessen gingen die Regensburger im sechsten Inning nach unserem einzigen Error erneut in Führung, aber die hielt wieder nicht lange: Blanke kam als Leadoff des Innings mit einem Double auf den Weg und ebenfalls mit einem Wild Pitch weiter und scorte nach Gallaghers Single. Und im siebten Inning brach die Defensive der Legionäre zusammen. Timmy Kotowski kam mit einem Walk auf die Bases, Kevin Kotowski mit einem Error. Beide scorten nach Gallaghers Schlag, der durch einen weiteren Error bis ins Rightfield durchrutschte. Auf 3:4 kamen die Legionäre noch heran, der Ausgleich lag nahe, das knappe Play gegen Jeffrey Arndt an der dritten Base rettete die Führung. Und den Rest erledigte der Closer. Text und Fotos: cka