Auf einmal ging’s ruckzuck. Unsere Playoff-Teilnahme – die 24. in 28 Bundesligajahren – ist seit Samstag sicher, seit Sonntag wissen wir, dass wir mit enormer Wahrscheinlichkeit als Südmeister oder -vizemeister in die K.o.-Runde gehen werden. Das ist das Resultat einer zwar im Detail nicht perfekten, aber mit sechs Siegen aus jeweils drei Heim- und Auswärtsspielen überaus erfolgreichen Woche, deren Schluss- und Höhepunkt der 13:6/17:7-Sweep gegen die ambitionierten Tornados darstellt.
Kleine Arithmetik – wer nicht rechnen will, kann diesen Absatz überspringen: 19 Siege haben wir bereits. Die Haar Disciples als Fünfter können noch auf maximal 17 kommen, werden uns ebenso wie die drei schlechter platzierten Teams nicht mehr einfangen können. Für die Tornados (14:9) sind 19 Siege noch möglich, auch den direkten Vergleich haben wir noch nicht in der Tasche. Um die Mannheimer endgültig abzuhängen, brauchen wir noch einen Erfolg aus den verbleibenden fünf Partien, denn die 20 können die Tornados nicht mehr erreichen. Und auch die Heidenheimer, die bereits 17 Mal gewonnen haben, kämen dann nicht mehr an uns heran – als Vizemeister, der wegen Europapokal keine Zeit für die Bundesliga hat, haben die Heideköpfe den vorletzten Spieltag bereits ausgetragen und werden ebenfalls maximal 19 Siege schaffen. Noch ein Sieg, dann reduziert sich alles auf ein Duell zwischen den Legionären (18:6) und uns (19:4).
Aber zurück ins Tagesgeschäft. Da ging es zunächst darum, wer die hohe Belastung von sechs Spielen an acht Tagen besser wegsteckt. Im ersten Spiel war das Tim Stahlmann, der sieben Innings durchhielt, erst im siebten etwas müde wirkte, bis dahin nur drei Runs zugelassen hatte: Den 2-RBI-Homerun zum 0:2 im ersten Inning und den Smallball-Punkt zum 3:10 im vierten – da war die Partie bereits entschieden.
„Die Tornados haben vorgelegt“, analysierte Max Boldt das Heimspiel am Samstagabend, „wir haben direkt nachgelegt, was wichtig war.“ Kevin Kotowski eröffnete unser erstes Angriffsinning mit einem Basehit ins Leftfield, Mike Blanke schlug drei Pitches später einen scharfen Homerun die linke Seitenlinie entlang zum Ausgleich. Singles von Lennard Stöcklin und Nici Weichert sowie Blankes Schlag zum Leftfielder ergaben bereits im zweiten Inning die Führung. „Wir haben offensiv direkt Druck aufgebaut“, freute sich Boldt, „gleich dagegengehalten, immer weitergemacht, fast in jedem Inning gepunktet.“ Bereits nach diesem zweiten Inning nahm der Tornados-Coach, unser 2007er-Meisterspieler Sascha Lutz, den Starter vom Mound. Der Reliever Julius Spann, auch ein Ex-Mainzer, gab mit dem ersten und dritten Pitch bereits zwei Homeruns ab, Boldt und Peter Johannessen erhöhten auf 5:2, Dominick Golubiewski, Lennard Stöcklin und Nici Weichert mit diversen kleinen Aktionen und Kevin Kotowskis 2-RBI-Double rasch auf 8:2, Kotowski und Blanke durch Johannessens 2-RBI-Single immer noch im gleichen Inning, direkt nach dem nächsten Pitcherwechsel, sogar auf 10:2. Im fünften Inning schließlich war die Konzentration der Tornados, die ja gerade erst die schwierigen Heimspiele gegen Heidenheim hinter sich gebracht hatten, vorübergehend völlig weg; bei zwei Aus brachten Austin Gallaghers Double, Max Boldts Single, ein Walk, mehrere Errors, ein Wild Pitch und ein Passed Ball drei weitere Runs. 13:3, das würde für die Ten Run Rule nach sechseinhalb Innings reichen.Reichte aber nicht, denn die Tornados berappelten sich noch einmal, brachten das sechste Inning etwas souveräner als unser Team über die Bühne und schafften im allerletzten Moment den entscheidenden Run, der das vorzeitige Spielende verhinderte. Zwei Aus hatten wir schon. Den dritten Angreifer ließ Stahlmann mit seinem erst zweiten Walk der Partie auf die Base. Ein Single und ein Wild Pitch brachten diesen auf die dritte Base, der Strikeout, um ihn dort verhungern zu lassen, war in Arbeit, ein Strike fehlte – und kam nicht. Statt dessen: Basehit, der vierte Run.
„Und damit war die Luft bei uns ein bisschen raus“, sagte Boldt, „die Konzentration bei uns weg. Es hat sich angefühlt, als hätten sich alle auf dieses dritte Aus verlassen und gedacht: Es ist vorbei, wir haben gewonnen. Wir haben nicht mehr reingefunden, auch offensiv nicht mehr.“ Statt dessen machten die Mannheimer noch einmal Druck. Im siebten, achten, neunten Inning hatten sie einige Läufer auf Base, verkürzten auf 5:13, 6:13. „Das war ein bisschen schade“, sagte Boldt, „die Ten Run Rule ist am Ende immer ein Ausrufezeichen. Und wenn wir sie schon verpassen, dann hätte ich es gern gehabt, wenn wir das bis dahin sehr gute Spiel ein bisschen besser zu Ende spielen. Yannic“ – Wildenhain, der Reliever, der im achten Inning übernahm und auch nicht mehr ganz frisch war – „war nicht so konstant wie sonst. Es gab Walks, Errors sind passiert, da kam ein bisschen was zusammen.“ Immerhin war der Vorsprung groß. Das Schlimmste, was hätte passieren können, ein Grand Slam Homerun, hätte ihn nicht aufbrauchen können und gleichzeitig die Bases wieder leergeräumt, den Druck reduziert. „Und wir hatten ja noch einige Pitcher auf der Bank“, sagte Boldt, „da war nicht wirklich Gefahr im Verzug, dass wir hätten nervös werden müssen.“ Nach dem sechsten Mannheimer Run (durch einen Error bei zwei Aus im neunten Inning) beendete Shortstop Nici Weichert mit einem Wurf zum Second Baseman Lennard Stöcklin das Spiel. „Ich hätte mir halt gewünscht, dass wir im siebten den Sack zumachen und fertig“, sagte Boldt.
Der Wunsch wurde ihm am Sonntag erfüllt, in einem Spiel, in dem das sehr lange kaum zu erwarten war. Diesmal legten wir als Auswärtsmannschaft mit einem Single von Mike Blanke, einem RBI-Double von Max Boldt und einem RBI-Single von Peter Johannessen das schnelle 2:0 vor, diesmal bogen die Tornados das Spiel sofort zum 6:2 um. „Thomas Fitzgerald hat nicht ins Spiel gefunden“, sagte Boldt, „das war kein guter Start, und das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir jemanden wie Lenny im Bullpen haben, der zur Not fünf, sechs Innings werfen kann.“ Lennard Stöcklin übernahm schon kurz nach dem Drei-Punkte-Homerun des Tornados-Infielders Mitch Nilsson zum 6:2 im zweiten Inning, blieb bis zum Ende des siebten Durchgangs im Spiel und hatte den Mannheimer Angriff fast perfekt unter Kontrolle. Der erste Schlagmann, Spielertrainer Lutz, schlug noch einen Basehit gegen Stöcklin, dann gelangen dem Pitcher und seiner Defense elf Aus in Folge. Im sechsten und siebten Inning brach die Serie, aber auch da hatten die Tornados nur jeweils vier Mann am Schlag. Unsere Offensive biss sich jedoch am starken Mannheimer Starter Sam Holland lange die Zähne aus. „Der war ziemlich gut“, sagte Boldt, „aber wir haben ihn bearbeitet. Er kam am Ende mit 120 Würfen vom Mound“, bereits im sechsten Inning. „Das war wichtig“, erklärte der Coach, „wenn wir ihn schon nicht gut hauen, dann müssen wir ihn zwingen, viele Würfe zu machen, und in den Bullpen reinkommen.“ Die Situationen waren da, um ins Spiel zurückzukommen. Gallaghers Double im dritten Inning. Drei besetzte Bases im fünften. „Wir waren ja immer dran“, sagte Boldt, „wir haben nur die Punkte nicht über die Platte gebracht. Und in solchen Situationen darf man nicht verzweifeln, nicht frustriert sein. Wir müssen die Chancen erarbeiten, dann kommen sie irgendwann über die Platte. Bis dahin treiben sie den Pitchcount in die Höhe, und irgendwann klappt es dann.“ Diesmal im sechsten Inning, das sich vom fünften zunächst kaum unterschied. Martin Kipphan, dessen Single und Walk in den vorherigen Innings zu nichts geführt hatten, schickte Holland noch mit einem Strikeout zurück ins Dugout. Timmy Kotowski schlug einen Basehit, Nici Weichert kam mit einem Walk hinterher, Kevin Kotowski kassierte einen weiteren Strikeout, Mike Blanke bekam einen weiteren Walk. Bases loaded, zwei Aus, wie im fünften Durchgang. Diesmal aber kam Holland nicht mehr aus dem Inning. Der Catcher ließ einen Pitch durch, alles rannte, Timmy Kotowski scorte zum 3:6. Gallagher holte sich den nächsten Walk, immer noch zwei Aus, wieder alle Bases besetzt. Pitcherwechsel. Schief gegangen. Miguel Salud, der Reliever, warf zwei Balls und einen Strike gegen Max Boldt, und dann als vierten Wurf den Pitch, den unser Spielertrainer zum 7:6 über das Leftfield aus dem Stadion schoss. Grand Slam Homerun – und die Tornados schafften zwar sofort das dritte Aus, das (bei leeren Bases) das Inning beendete, erholten sich aber nicht mehr vom Rückstand.Den Runner, der bei einem weiten Single von der ersten Base scoren wollte, fingen wir mit einem komplizierten Play über fünf Stationen ein – keine Punkte für die Tornados im sechsten Inning. Zwei für uns im siebten, durch Kipphan (Single), Timmy Kotowski (Double) mit Unterstützung von Nici Weichert (Walk), Marcel Schulz (RBI-Walk) und Mike Blanke (RBI-Sacfly). Nochmal ein Runner auf der dritten Base, aber wieder kein Punkt für die Tornados im siebten Inning – und im achten brachen die Gastgeber endgültig ein: Max Boldt kam mit einem Double und einem Wild Pitch auf die dritte Base und scorte bei einem Error auf Schlag von Peter Johannessen. 10:6. Dieser – und ebenso Dominick Golubiewski, der ein Single geschlagen hatte – kamen mit Kipphans Homerun zum 13:6 durch. Timmy Kotowskis Basehit und die Walks für Weichert und Schulz luden die Bases wieder neu, Gallagher brachte nach dem ersten Aus mit einem Single den ersten Runner durch, der vom gerade erst eingewechselten vierten Pitcher abgeworfene Boldt den zweiten, Golubiewski nach dem zweiten Aus mit einem Walk den dritten. Bases immer noch besetzt, inzwischen 16:6, genug für die Ten Run Rule. Auch Martin Kipphans Schlag ins Infield konnten die Tornados nicht verarbeiten – Error, 17:6. Und jetzt erst, nach 14 Angreifern, nur fünf Hits, aber auch fünf Geschenken und acht Runs schafften die Mannheimer das dritte Aus.
Der Sicherheitsrun von Gallagher nach dem Fehler war letztlich notwendig. Denn in seinem zehnten Inning nach seinem Bundesliga-Comeback gab unser Closer Mike Otto erstmals seit 2011 einen Run ab, einen Earned Run auch noch, zum 7:17. Schon mit dem nächsten Pitch war aber der Strikeout fertig, das Spiel gewonnen, die Woche letztlich doch perfekt abgeschlossen. „Es war eine harte Woche“, sagte Boldt, „in der vor allem die Pitcher viel arbeiten mussten, aber auch für alle anderen Spieler war es anstrengend, gerade in der Hitze. Aber was will man mehr als sechs Siege in sechs Spielen? Das war eine extrem gute Leistung von der ganzen Mannschaft. Und am Ende lief dann auch auf einmal alles!“ Da ist es, das Ausrufezeichen. cka / Fotos: cka, Marg.