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Another job well done: Nici Weichert und Trey Stover, das wieder vereinte Duo im zentralen Infield, freut sich über den Sieg in Spiel 3.

Wir haben ja peinlichst vermieden, das Wort auszusprechen, es aufzuschreiben, zu erwähnen, zuzugeben, es auch nur zu denken. Jetzt ist’s nicht mehr wichtig, jetzt ist’s erlaubt, jetzt haben wir ihn nämlich geschlagen, unseren alten Angstgegner, auf dessen Platz auch noch. Ein einziger Sieg war uns bisher gelungen gegen die Paderborn Untouchables, ein 13:9 vor 19 Jahren, dank des Homeruns, den der große Ruben Cruz noch aus dem Flugzeug heraus über die Sandflora donnerte, dank des „imposantesten Schlags, den ich“, so erzählte es einst Arndt Wiedmaier, „je gesehen habe“. Ein Sieg nur in zwölf Spielen. Jetzt sind’s vier in sechzehn. Immer noch keine so glorreiche Bilanz, aber eine, die sagt: Wir sind im Halbfinale. Zählen nicht nur von der Selbsteinschätzung her, sondern ganz offiziell zu den vier besten Baseballklubs in Deutschland. Nach dem so dramatischen, so ärgerlichen Split in den Hinspielen in Mainz vor einer Woche kamen wir in Paderborn zu einem weitgehend souveränen 7:1/8:2-Sweep.

„Wir haben ein sehr gutes Baseballteam hinter uns gelassen“, freute sich Ulli Wermuth. „Wir können stolz darauf sein. Neben Bonn war Paderborn für mich der unangenehmste Gegner im Norden. Tatsächlich ein Angstgegner, von der Vergangenheit her, aber damit hat sich die Mannschaft diesmal nicht beschäftigt. Ich bin froh, dass wir sie endlich mal geschlagen haben.“

Am Samstag kamen wir mit Matt Kemp besser zurecht als im Hinspiel in Mainz – das wir ja nicht einfach nur im letzten Inning durch die drei Untouchables-Runs verloren hatten, sondern schon vorher, als wir es versäumten, die Führung in Bereiche zu heben, in denen drei Untouchables-Runs im letzten Inning keinen Schaden anrichten würden. „Kemp hat wieder so geworfen wie bei uns“, berichtete Wermuth, „aber diesmal hatten wir ihn schon gesehen. Es ist schon schön, dass wir diese Veränderungen in der Herangehensweise, diese Einstellungen so schnell machen können. Das zeugt von der hohen Professionalität meiner Hitter.“

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Fast unüberwindbar: Beim einstigen deutschen Serienmeister war Janni Stöcklin über 20 Aus, fast sieben Innings, auf No-Hitter-Kurs.

Die setzten schon im ersten Inning ein Ausrufezeichen: Thomas de Wolf schlug nach Peter Johannessens Walk seinen elften Homerun im 18. Spiel, mal wieder übers lange Centerfield – 2:0. Ein Error und Hits von Lennard Stöcklin und Jonathan Wagner brachten auch noch Max Boldt zum 3:0 über die Platte. Es war der Auftakt eines Spiels, in dem die Offensive elf Hits gegen Kemp schlug, sieben mehr als im Hinspiel, während Jan-Niclas Stöcklin die Paderborner Angreifer wieder so beherrschte, dass es geradezu absurd scheint, dass wir den Nationalspieler während seiner langen Verletzung auf dem Platz gar nicht so sehr vermisst haben – bei den 11:0 Siegen in der Rückrunde warf Stöcklin nur sieben Innings.

Jetzt aber ist er wieder da, wieder belastbar, und das auf eine Weise, dass Ulli Wermuth von seinen alten Prinzipien abrückte. „Ich hatte den Pitch Count diesmal gar nicht im Blick“, verriet der Coach. „Ich habe nur auf den Werfer geachtet und meinem Gespür vertraut.“ Vielleicht, so sagte der Coach, hätte er den Starter schon ein Inning früher vom Mound holen können, nach dem sechsten Durchgang. Das hätte zumindest dessen persönlichen No Hitter gesichert. 20 Aus erledigten Stöcklin und seine Verteidiger, ehe Daniel Hinz mit einem Schlag ins Leftfield, dem ersten Paderborner Hit im Spiel, Tristan Gerdtommarkotten über die Platte brachte. Unser Angriff hatte da längst vier Runs nachgelegt: Kevin Kotowski hatte das fünfte Inning mit einem Double eröffnet, und ein Double des Leadoffs ist etwas, das dem Gegner weh tun wird. Peter Johannessen brachte den Centerfielder mit einem Single auf die dritte Base, ein Wild Pitch ließ ihn scoren. Nach Thomas de Wolfs Walk schlugen Trey Stover (Single), Lennard Stöcklin (Sacrifice Fly ins Centerfield) und Jonathan Wagner (Single) die drei RBIs für Johannessen, de Wolf und Stover. Die Vorentscheidung?

Noch nicht ganz, denn im sechsten Inning hatte Paderborn die große Chance, ins Spiel zurückzukommen. Bei einem Aus leistete sich Starter Stöcklin seinen einzigen Wackler, hatte nach zwei Walks und einem Wild Pitch Runner auf der zweiten und dritten Base und den Homerun-Hitter aus Spiel 1, den Kraftprotz Björn Schonlau, am Schlag. Stöcklin warf den Strikeout. Und gegen Halil Ciftci gleich noch einen. Nichts passiert. „Wahnsinn, der Janni“, schwärmte Wermuth, „nur ein Hit…“ Und auch Hinz‘ RBI beantwortete Stöcklin in seiner letzten Aktion mit drei Strikes aus fünf Pitches, dann übernahmen Lucas Dickman und fürs letzte Inning de Wolf und ließen nur noch einen Runner auf Base. Und doch versteckt sich darin die schlechte Nachricht: Dickmans alte Verletzung ist wieder aufgetaucht. „Gestern hat er seine Sache gut gemacht, heute konnte er nicht mal mehr schwingen“, erklärte Wermuth. „Ich hoffe, dass er für die Defense und die Offensive bald wieder zur Verfügung steht.“

Mainz Athletics          3 0 0 0 4 0 0 0 0   7
Paderborn Untouchables   0 0 0 0 0 0 1 0 0   1

CF K. Kotowski (1 Run/0 RBIs), LF Johannessen (2/0), RF de Wolf (2/2, 9. P), C Boldt (1/0), SS Stover (1/1), 3B L. Stöcklin (0/1), DH Wagner (0/2, 8. P Dickman, 9. RF), 1B Kipphan, 2B Weichert – P J. Stöcklin (8. P Dickman, 9. P de Wolf).

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Und Eric Massingham erledigte seine Aufgabe kaum schlechter, hatte nur anfangs etwas Pech mit seiner Defensive, kam aber mit kaum mehr als hundert Pitches und einer guten Leistung seiner Offensive durch neun Innings.

Ein Sieg fehlte noch zum Halbfinale, zwei Versuche hatten wir. Und die Untouchables zeigten, dass sie uns in den zweiten Versuch zwingen wollten. Begünstigt durch zwei Fehler im Infield gingen sie sofort 2:0 in Führung. Aber schon in Mainz hatten wir gezeigt: Gegen Benjamin Thaqi sind Hits möglich. Drei Innings lag kamen sie diesmal nicht, im vierten kamen sie: Single Johannessen, der mittlerweile fast schon obligatorische de-Wolf-Homerun – Ausgleich. „Paderborn war aber brandgefährlich bis ins achte Inning“, sagte Wermuth, „immer wieder mit Läufern auf Base, immer wieder mit guten At Bats – die zwei Homeruns, um den verdienten Rückstand zu drehen, waren schon super.“ Den zweiten schlug Max Boldt im achten Inning gegen den zweiten Reliever Daniel Hinz; weil de Wolf gerade erst einen Basehit gehauen hatte, stand es nun 4:2. Und im neunten Inning gar 8:2 – zwei Fehler des Shortstops bei Schlägen von Kotowski und Johannessen, ein 2-RBI-Double von de Wolf sowie RBI-Singles von Boldt und Trey Stover brachten die vier Sicherheitsruns über die Platte, die den Untouchables die Hoffnung auf eine Wende nahmen.

Dabei verließ sich Wermuth wieder auf sein Gefühl. Eric Massingham blieb erstmals in dieser Saison bis zum letzten Pitch auf dem Mound. „Weil er konstant war“, sagte der Coach, „weil er gut war. Es gab keinen Grund, etwas zu ändern. Erst im Nachgang habe ich erfahren, dass er bei hundert Pitches geblieben ist. Das ist super! Dabei hatten wir noch Tim Stahlmann im Bullpen, Yannic Wildenhain haben wir wieder nicht nutzen müssen, Manny Möller hat nicht geworfen – wir sind gut aufgestellt.“

Mainz Athletics          0 0 0 2 0 0 0 2 4   8
Paderborn Untouchables   2 0 0 0 0 0 0 0 0   2

CF K. Kotowski (1 Run/0 RBIs), LF Johannessen (2/0), RF de Wolf (3/4), C Boldt (2/3), SS Stover (0/1), 3B L. Stöcklin, DH Wagner, 1B Kipphan, 2B Weichert – P Massingham.

Nun geht es weiter gegen die Heidenheim Heideköpfe, die die Solingen Alligators in fünf Spielen 0:1/4:0/4:11/5:1/8:4 schlugen; Bonn und Regensburg bestreiten das andere Halbfinale. „Das werden Spiele auf Augenhöhe, in denen der bessere gewinnt“, kündigt Wermuth an. „Baseball ist ein verrücktes Spiel und wir werden, egal, wie weit wir kommen, gegen sehr gute Gegner spielen. Wir sind auf einem Niveau angekommen, auf dem es sehr stark auf die Tagesleistung ankommt und von einzelnen Aktionen, um zu entscheiden, wer als Sieger aus der Partie geht. Da kann alles passieren, es gibt keine Underdogs, keine Favoriten mehr. Nur vier sehr gute Mannschaften, und jede kann Deutscher Meister werden. Mal sehen, was passiert. Mit dem Pitching Staff und der Offensive haben wir alle Möglichkeiten.“

Die exakten Termine werden wir mit den Heideköpfen so schnell wie möglich vereinbaren – klar ist eins: Wir fangen am kommenden Wochenende mit zwei Heimspielen an und werden am folgenden Wochenende mindestens einmal, vielleicht auch dreimal in Heidenheim um den Finaleinzug spielen. Dann sind wegen der Europameisterschaft drei Wochen Pause – für den Sieger; der Verlierer wird erst in einem Dreivierteljahr wieder spielen. Und so lange wollen wir nicht warten.

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