Zusammenfassung
Die Stimmung war so mies wie selten, als das Freitagsspiel gegen Heidenheim endlich vorbei war. Die Einen schwiegen sich im Vereinsheim an, die Anderen steigerten sich hadernd in ihren Frust hinein, zogen sich gegenseitig ins Loch, und ein bisschen kann man die Jungs verstehen. Das 7:17 gegen den Titelverteidiger tat weh. Es ist halt auch nicht schön, eine Woche vor dem Europapokal gegen die Heideköpfe zu spielen; man tritt nicht gegen das Bundesligateam an, das bereits 18:1 Siege gesammelt hatte, sondern gegen die aufgerüstete internationale Mannschaft, ganz kurzfristig verstärkt durch Luke Sommer, André Hughes, Ricardo Torres, den Ex-Major-League-Pitcher Mike Hartley als Coach – nur Peter Sykaras war zumindest auf dem Platz nicht zu sehen. „Geht’s in die Verlängerung, landet ein Hubschrauber und Wes Roemer springt raus“, mutmaßte man bereits im Publikum, Mike Larson stritt ab, von den Heideköpfen als Pitcher fürs zwölfte Inning eingeplant zu sein.
Für unseren langjährigen Powerhitter aus Kanada (und sonst für keinen einzigen Mainzer) gab es im dritten Inning eine weitere schlechte Nachricht. 1:3 stand es zu dem Zeitpunkt, unter anderem durch Solo-Homeruns von Leadoff Sascha Lutz und von Mitch Nilsson sowie den zwischenzeitlichen Ausgleich durch Peter Johannessen. Mit dem Schweden erneut auf der ersten Base kam Max Boldt zum zweiten Mal an den Schlag; mit einem Single im ersten Inning hatte der Catcher zum 1:1 beigetragen. Schon beim ersten Pitch zog Boldt durch, „und ich hatte eine gute Ahnung, dass der Ball draußen ist“, erzählte er später. „Der hat sich gut angefühlt.“ Der hart geschlagene Flugball zischte übers Leftfield, ging über das Scoreboard hinaus. Es war der 50. Homerun unseres Spielertrainers in der Bundesliga. Damit stellte Boldt einen neuen Vereinsrekord auf; zuvor hatte er sich diesen mit Larson geteilt. „Er hat das verdient, auf jeden Fall“, sagte der ehemalige Rekordhalter, wenn auch nicht ohne eine kleine Einschränkung: „Er hat natürlich mehr Spiele als ich.“Dem neuen Homerun Leader der Mainz Athletics war die Erleichterung deutlich anzumerken. Im vierten 2017er-Halbfinale gegen die Heideköpfe hatte er Larsons Bestmarke erreicht, 20 Spiele hatte er seither auf den folgenden Homerun warten müssen. „Klar“, sagte Boldt, „ich spiele nicht, um Rekorde aufzustellen, aber es ist schön, dass harte Arbeit sich auszahlt. Ich hatte ja schon früh gute Jahre ohne Homeruns, habe hart trainiert, um kräftiger und besser zu werden. Das ist jetzt eine schöne Bestätigung dafür, dass man eine Rolle spielt und der Mannschaft helfen kann, eine Belohnung für die Arbeit.“
Vor allem aber war’s der Ausgleich zum 3:3. Und weil der Heidenheimer Starter Clayton Freimuth zwar mit einem Strikeout weitermachte, dann aber schwächelte, gingen wir sogar in Führung; vier Walks am Stück für Kevin Kotowski, Nici Weichert, Shane Salley und Timmy Kotowski brachten das 4:3 über die Platte. „Fünf Innings waren wir gut“, sagte Boldt. „Wir haben lange gut gekämpft. Aber Heidenheim hat viel mehr Tiefe im Kader, den Unterschied haben wir gemerkt. Die können gegen jeden Gegner 10, 15, 20 Runs machen. Und irgendwann sind sie uns davongelaufen.“
Zwei Walks zu Beginn des fünften Innings kosteten die Führung. Gary Owens, der mutmaßlich beste Schlagmann der Bundesliga, brachte beide Runner mit einem Double heim, scorte selbst nach einem Wurffehler im Infield. Simon Gühring – einer von sehr wenigen Bundesligaspielern, die noch mehr Homeruns geschlagen haben als Max Boldt – legte das 7:4 drauf, Ludwig Glaser das 8:4. Vielleicht war das schon die Entscheidung, vielleicht das 10:4 im sechsten Durchgang. Boldt verkürzte nach seinem dritten Hit des Tages auf 5:10, Heidenheim erhöhte im siebten Durchgang auf 11:5 und im neunten durch zwei weitere Homeruns gegen Timmy Kotowski und Kevin Schnorbach auf 17:5. „Es tut schon weh, so hoch zu verlieren“, gab Boldt zu – immerhin: „Die Jungen haben am Ende gezeigt, dass sie uns viel Energie geben können. Das war schön zu sehen.“ Damit meinte der Coach den 16-jährigen Jerome Noso, den 20-jährigen Victor Voll, den 19-jährigen Eric Keller, die im neunten Inning als Einwechselspieler in die Partie kamen, die zwar keine Hits schafften, aber sich Walks holten, Errors provozierten, noch zwei Runs zum Endstand schafften. Mehr war gegen diesen weit über Bundesliga-Niveau besetzten Gegner nicht möglich. Text und Fotos: cka