Am Samstag beginnt für unser Team die Bundesligasaison 2014 mit den Auswärtsspielen in Tübingen. Nach Abschluss der Preseason sprachen Präsident Hartmut Schäfer, Sportdirektor Benjamin Hieronimi und Headcoach Ulli Wermuth über die Themen der ersten Saisonphase.
Das Saisonziel
Benjamin Hieronimi: Unser Ziel sind die Playoffs. Weiteres warten wir ab. Wir wissen, dass wir eine starke Mannschaft haben, aber wir dürfen die gute Preseason nicht überbewerten. Die anderen Bundesligisten haben nicht geschlafen. Wir konnten unsere Abgänge auffangen, sogar einen Schritt nach vorne machen. Unsere jungen Spieler sind wieder ein Jahr älter, besser, erfahrener. Meister werden wollen natürlich alle.
Ulli Wermuth: Niemand tritt an, um Fünfter zu werden. Nur mitzumachen ist auch nicht die Philosophie der Athletics. Unsere Jungs kennen sich und sind eingespielt. Die Playoff-Teilnahme ist damit ein Muss, die Finalteilnahme das erste Ziel. Eine Hausnummer in Deutschland sind wir schon. Jetzt habe ich großen Ehrgeiz, mit dieser Mannschaft europäisch zu spielen. Baseball ist ein toller Sport, gewinnen macht noch mehr Spaß.
Die Vorbereitung
Wermuth: 8:2 Siege in der Preseason sind nicht sehr aussagekräftig. Die Gegner waren nicht alle in Vollbesetzung hier. Haar haben zum Beispiel beide Starter gefehlt. Und wir haben noch nicht unseren besten Baseball gespielt. Aber ich habe lieber jetzt Defizite als im Finale. Ein schlechter Start wäre mir sogar fast recht. Wir brauchen am Ende langen Atem. Im Training probieren wir einen neuen Ansatz. Auf unserer großartigen Anlage mit der Schlaghalle haben wir mehr Möglichkeiten. Mitte Oktober waren wir schon voll im Training. Es ging zunächst um die Fitness. Im Januar haben wir mit Mannschaftstraining begonnen. Das ist das Schöne an dieser Mannschaft. Die Jungs wollen trainieren, weil es ihnen Spaß macht. Ich muss sie gar nicht antreiben. Ich bin eigentlich nur da.
Die Mannschaft
Wermuth: Im Baseball sagt man: Men beat Boys. Wir haben möglicherweise immer noch die jüngste Mannschaft, aber wir müssen aufhören, ihnen zu sagen, dass sie jung sind. Kevin Kotowski ist auf dem Meisterschaftsbild von 2007 dabei. Jetzt blickt er mit 23 Jahren auf sieben Saisons zurück. Trotz ihres jungen Alters sind auch die anderen sehr erfahrene Baseballspieler, die früh gegen Männer gespielt haben: Mit 15, 16 Jahren in der Regionalliga, mit 17, 18 Jahren in der 2. Liga, dann in der Bundesliga. Sie müssen realisieren, dass sie Männer sind, keine Kinder mehr. Diese Ausrede kann immer parat sein, wenn man Schwierigkeiten hat, aber die will und kann ich nicht mehr hören.
Hartmut Schäfer: Wir sind ein besonderer Verein. Im Schnitt haben die Bundesligisten fünf Ausländer. Wir hatten 2013 einen. Wir setzen stark auf die Jugend, was viel Arbeit macht, nicht immer von Erfolg gekrönt ist, aber dazu führt, dass wir von unten gewachsen sind. Die meisten unserer Spieler sind standorttreu. Sie sind Mainzer und wollen Mainzer bleiben. Das gibt uns auch ein Netzwerk. Sie sind schon als Kinder da, bringen ihre Eltern mit, die bringen Freunde und Bekannte mit, dadurch haben wir gute Zuschauerzahlen. Gegen Regensburg hatten wir 1000 Zuschauer und wir haben Pläne, das noch zu verstärken. Obwohl wir Mainz 05 mit über 30.000 Zuschauern in der Stadt haben – andere starke Baseballvereine haben diese Konkurrenz nicht – können wir so ein Publikum locken.
Hieronimi: Ob ich mit meinen Transfers zufrieden bin, kann ich natürlich erst nach der Saison sagen. Aber ich glaube, wir haben uns intelligent verstärkt. Wir sind eine kleine Organisation mit einem kleinen Kader. Da muss die Chemie stimmen. Wir können es uns nicht erlauben, eine Gruppe von Individualisten zu haben. Die Spieler werden von uns leider nicht hofiert. Das können wir uns nicht leisten. Wir sind auf viel Eigeninitiative angewiesen. Sie müssen auch neben dem Feld mal anpacken. Hoffentlich kommen wir eines Tages dahin, sie nicht mehr so belasten zu müssen.
Wermuth: Wir haben im EM-Jahr einen komprimierten Spielplan. Mit acht deutschen Pitchern sind wir an engen Wochenenden flexibel. Das ist eine tolle Sache. Janni Stöcklin und Christian Decher sind Arbeitstiere, die neun Innings werfen können. Janni hat sich nach seinen zwei Jahren in Mannheim reibungslos integriert, er wurde auch mit offenen Armen empfangen. In Mannheim gab es wenig hinter ihm. Er bekam viel Druck, das hat ihn gefestigt. Er wirft sehr gut, hat sich schon in der Vorbereitung konsequent immer gesteigert. 15 Strikeouts gegen Hamburg, einen Playoffkandidaten aus dem Norden, sind eine Hausnummer.
Hieronimi: Andrew Jones scheint ein anständiger Kerl zu sein. Wir kennen ihn noch nicht, aber er hat gezielt die richtigen Fragen gestellt. Das ist ein Indikator, der hoffen lässt, dass er zu uns passt. Amerikanische Spieler können ja mit den Freiheiten, die sie hier haben, nicht immer umgehen. Das gilt natürlich nicht für Mike Larson. Er ist inzwischen ein Selbstversorger wie jeder deutsche Spieler. Ihn zurückzuholen war eine gute Sache.
Wermuth: Jones war im Team der Tampa University im zweiten Jahr zweitbester Schlagmann, dann der beste mit einer Batting Average von mehr als .300. In Australien hat er gegen Kevin gespielt, auch dort war er einer der besten Angreifer. Wir haben ja traditionell gutes Pitching und gute Defense. Die Schlagkraft war in den letzten Jahren keine große Stärke von uns. Aber mit Larson, Janni Stöcklin, Jones und Marcel Schulz haben wir eine gute offensive Lineup. Mike ist zwar noch nicht da, wo er sein muss, aber er ist auf dem Weg. Die Erfahrung hat er, das Timing ist noch nicht perfekt.
Hieronimi: Was die Jungen betrifft, können wir natürlich noch nicht viel sagen. Talent und Einstellung sind super. Wie sie sich über eine harte Saison entwickeln, wissen wir nicht.
Wermuth: Wir sind jung und werden es vielleicht immer bleiben, weil wir die finanziellen Mittel anderer nicht haben. Wir sind auf unseren Unterbau angewiesen, aber damit sind wir auf einem guten Weg. Timmy Kotowski war für mich Rookie of the Year. Aber er muss sich auch 2014 wieder beweisen. Lucas Dickmann hat toll begonnen. Er kommt natürlich von einem guten Projekt in Hünstetten und aus einer Baseballfamilie. Offensiv muss er sich noch verbessern, defensiv ist er schon sehr stark. Das ist sehr erfreulich. Julius Reitemeier ist ein großes Talent. Leider ist es schwierig, ihn gesundzuhalten. Wenn er fit bleibt, hat er eine großartige Zukunft vor sich. Marcel Felsmann braucht noch Zeit. Er wird viel Spielzeit in den unteren Klassen bekommen. Und Lennard Stöcklin ist für mich einer der besten Third Basemen der Liga. Er zählt nicht mehr als junger Spieler. Er muss dieses Jahr liefern.
Die Konkurrenz
Wermuth: Das große Fragezeichen in der Liga ist Stuttgart. Die Reds haben ihre Mannschaft neu zusammengestellt, mit einem neuen Coach und neuen Ausländern. Wie stark die sind, wird sich zeigen. Sie haben Charley Olson von Bonn geholt, den besten Pitcher der Nordstaffel. Wir haben ihn zwar in den Playoffs geknackt, aber er hat gezeigt, dass er ebenso wie der hart werfende Thomas de Wulf ein sehr guter Starter ist. Mannheim wird das Überraschungspaket. Sie haben ihren Trainer und ihren besten Pitcher verloren und sind jetzt im Umbruch. Aus Regensburg hört man wenig, aber Regensburg ist Regensburg. Auch sie haben einen guten Unterbau und sind immer eine Spitzenmannschaft. Heidenheim hat Luke Sommer, einen Amerikaner mit deutschem Pass, ansonsten spielen dort drei Deutsche. Sie haben kaum Abgänge und Sascha Lutz als wichtigen Zugang, damit werden sie stark sein. Gegen sie ist es wichtig, nicht gegen Heidenheim und die Ex-Profis zu spielen, sondern einfach Baseball zu spielen. Bad Homburg startet mit dem neuen Trainer Martin Matlacki ein tolles Projekt mit vielen Spielern aus der Umgebung, guten Baseballspielern, teils aus unserer Akademie, die Potenzial haben, aber das Niveau noch nicht kennen. Sie sind vielleicht noch jünger als wir. Ich wünsche Martin alles Gute. Erst einmal wird es schwierig, aber es kann eine Erfolgsgeschichte werden. Haar hat mit dem Spielertrainer Josh Peterson in der Vorbereitung ohne ihre Starter nicht optimal gespielt. Sie haben David Selsemeyer aus Solingen und Rufius Schulz aus Paderborn geholt, so dass Christoph Ziegler nicht mehr catchen muss. Er ist einer der vielversprechendsten deutschen Spieler, aber durch die Belastung als Catcher nicht die Offensivmacht. Und wenn der Linkshänder, den Kevin aus Australien kennt, und Lukas Steinlein da sind, muss man mit Haar immer rechnen. Mit einer fehlerfreien Defense und starkem Pitching kann man gegen die mal zwei Spiele gewinnen. Aber man kann auch zwei verlieren. Und Tübingen hat im zweiten Bundesligajahr die gleichen Ausländer plus Kyle Waddell aus Bad Homburg. Josh Hodges kann gut werfen und Spiele gewinnen, aber sie werden es schwer haben.