Der knappestmögliche Sieg und das frühestmögliche Ten-Run-Rule-Spielende, das allein klingt schon wie ein unterhaltsamer Baseballnachmittag. Die wirklich erfreulichen Details des 1:0/13:2-Doppelsiegs unserer Bundesligamannschaft bei den Tübingen Hawks drücken sich allerdings gar nicht in den Ergebnissen aus, sondern in der Art, wie sie zustande gekommen sind. In fast allem waren unsere Spieler so früh in der Saison schon auf beachtlichem Niveau.
Ein Pitcherduell à la finesse
Das beginnt mit Rückkehrer Jan-Niclas Stöcklin, der als Starter im ersten Spiel von Anfang an Strikeouts warf, keinen einzigen Walk verschenkte und so die ebenso wichtige wie notwendige Stütze in einem engen Spiel war. „Ein Pitcherduell à la finesse“, schwärmte unser Coach Ulli Wermuth von der ersten Partie. „Kyle Waddell hat für Tübingen wie erwartet stark geworfen. Mit wechselnden Winkeln, mal von oben, mal von der Seite, mal sogar ganz von unten, mal langsam und mal schnell, hat er uns nicht ins Spiel kommen lassen. Wir hatten gar keine großartigen Chancen, die wir nicht genutzt haben. Wir hatten eine Möglichkeit durch Max Boldts Double bei einem Aus und wir haben ihn über die Platte gebracht. Sonst hatten wir ab und zu Runner auf Base, aber keine Szenen, um Druck auszuüben. Kyle hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Aber Janni war einen Tick besser. Und dann kommt Stahlmann rein und löst seine Aufgabe perfekt.“ Der Closer gab zwar in seinem einzigen Inning zwei Hits ab, konterte sie aber jeweils mit einem Strikeout und gewann dann die lange Schlacht gegen Benjamin Burkhart um den Ausgleich oder das letzte Aus: Burkhart war mit einem Strike, einem Ball und noch einem Strike schnell im Rückstand, kam aber mit vier Foulballs zu einem vollen Count. Stahlmann blieb ruhig und beendete mit dem zehnten Pitch das Duell und das Spiel. „Er hat den Wackelsieg nach Hause gebracht“, sagte Wermuth. „Das hat heute geklappt, das wird öfter klappen. Das kann aber auch schief gehen. Gerade bei einem Gegner wie Tübingen, der gute Talente hat, aber nicht die Tiefe, um um die Playoffs zu spielen, ist es wichtig, beide Punkte geholt zu haben.“
Stöcklin war auch im zweiten Spiel eine ganz entscheidende Figur. Sein Schlag an den Centerfieldzaun im vierten Inning räumte die komplett besetzten Bases ab und entschied das Spiel mit dem 7:2, 8:2 und 9:2 endgültig.
Trotz Jetlag eine prägende Figur
Kaum weniger erstaunlich: Andrew Jones, der bis fünf Uhr morgens mit Halsschmerzen und Jetlag wach lag, trotzdem pünktlich um 6.45 Uhr im Bus saß und offensiv wie defensiv das Spiel prägte. „Er hat einfach super gecatcht“, lobte Wermuth den US-Amerikaner. „Die Pitcher sind sehr zufrieden. Niemand hat sich getraut, gegen ihn zu stealen. Und er hat konstant hart gehauen: Vier Hits bei acht Versuchen und auch die Bälle, die keine Hits wurden, hat er immer hart erwischt. Der erste Eindruck ist sehr gut. Ich würde ihn gern entlasten und auch Max Boldt catchen lassen, wenn er seine Verletzung auskuriert hat, aber Andrew hat erklärt, dass er kein Problem damit hat, 18 Innings zu catchen. Das hat er in Australien auch gemacht.“
Mit 17 Jahren sofort in der Startformation stand Lucas Dickman. „In der Vorbereitung hat er Marcel Felsmann ausgestochen. Durch Boldts Verletzung hat er jetzt die Möglichkeit, viel zu spielen“, sagte Wermuth. In der Defensive spielte der Jugendnationalspieler fehlerfrei. Offensiv hatte er einen guten Einstand mit dem wichtigen RBI-Double zum 2:1 in einer Phase des zweiten Spiels, in der unser Pitcher Christian Decher noch etwas wackelte. „Für mich war relativ klar, dass das so gut klappt“, sagte Wermuth. „Ich weiß, dass er ein guter Baseballspieler ist. Er konnte problemlos in die Bundesliga einsteigen.“
Mike Larson ist noch nicht bei seiner alten Bestform angekommen; das war nach der langen Pause aber auch nicht zu erwarten. „Mike ist auf einem sehr guten Weg“, urteilte Wermuth. Das bewies der Kanadier vor allem durch den Homerun zum 1:0 im ersten Inning der zweiten Partie. Auch bei ihm hängt der weitere Weg von Boldts Genesung ab: „Wenn Max wieder gesund ist, kann Mike sich mehr auf die Rolle als DH konzentrieren“, kündigte Wermuth an.
85 Pitches für sieben Innings
Christian Decher hatte wie schon häufig in der vergangenen Saison seine Mühe mit der Anfangsphase seiner Partie: Zu viele Balls, zu wenig Kontrolle; so konnten die Hawks im ersten und im zweiten Inning zweimal ausgleichen. In dieser Phase musste und konnte Decher sich auf die Unterstützung der Offense verlassen, die ihn nie in Rückstand gehen ließ. „Christian hatte anfangs Probleme, zu seinem Rhythmus zu finden“, sagte Wermuth. „Das hat ihn ein bisschen frustriert. Aber er wurde von Inning zu Inning besser. Letztendlich hat er nur 85 Pitches für sieben Innings gebraucht.“ Acht für das Fünfte, sogar nur vier für das Siebte. „Gegen die Top-Ausländer der Spitzenmannschaften sollte man sich diese Anfangsschwierigkeiten nicht leisten“, sagte Wermuth. „Aber wir bleiben flexibel. Ich will auf Jannis Stock nicht verzichten, aber das Pitching und die Defense gewinnen Spiele. Wir werden auch mal die Reihenfolge tauschen.“ Den Trick, Decher beim Aufwärmen schon einen Mann mit Schläger an die Platte zu stellen, nutzten die A’s diesmal nicht. „Unser Ziel ist es auch, vom ersten Inning an auswärts Druck auszuüben und Punkte zu machen, um Christian Rückendeckung zu geben“, sagte Wermuth.
Zwei Siege stehen also in der Bilanz gegen eine Mannschaft, die eher nicht am oberen Tabellenende auftauchen wird. Zwei mit Qualität erreichte Siege. „Aber schon am nächsten Wochenende wird es schwer“, sagte Wermuth. Dann kommen die Haar Disciples wieder nach Mainz, eine Mannschaft, die in der Vorbereitung zweimal am Hartmühlenweg verloren hat, aber im zweiten Saisonspiel in Regensburg bis ins neunte Inning 11:9 führte. cka
Spiel 1:
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Mainz Athletics 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1
Tübingen Hawks 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
CF K. Kotowski, C Jones, LF Larson (im 9. Schulz), DH Boldt (1 Run, 0 RBIs), RF Spann, 3B L. Stöcklin (0/1), 1B Kuczulaba, 2B Dickman, SS Weichert – P J. Stöcklin (9. P Stahlmann).
Spiel 2:
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Mainz Athletics 1 1 1 7 3 0 0 - - 13
Tübingen Hawks 1 1 0 0 0 0 0 - - 2
CF K. Kotowski (2/0), C Jones (2/2), LF Larson (2/2, ab 5. RF), DH Boldt (1/2), 1B J. Stöcklin (2/3, ab 5. 1B M. Raab), RF Spann (0/1, ab 5. LF Schulz), 3B L. Stöcklin (1/0), 2B Dickman (1/2), SS Weichert (2/0) – P. Decher.