Der Nationalspieler Lukas Steinlein wird wohl am Freitag sein Saisondebüt geben. Im vergangenen Jahr rettete ihn der Reliever Kevin Trisl vor der Niederlage.
Der Nationalspieler Lukas Steinlein wird wohl am Freitag sein Saisondebüt geben. Im vergangenen Jahr rettete ihn der Reliever Kevin Trisl vor der Niederlage in Mainz.

Manch einer in Oberbayern wird sehnlichst auf den 25. April warten. Denn dann erst beginnt auch im Stadion der Haar Disciples die Bundesligasaison 2015. Bis dahin werden die Baseballer aus der Münchner Nachbarschaft – vom Hauptbahnhof sind es mit der S-Bahn zehn Stationen in 22 Minuten nach Haar und die Bahngleise verlaufen fast so nah am Baseballplatz wie am Hartmühlenweg – sechs Auswärtsspiele ausgetragen haben. Die ersten beiden am Ostermontag bei den Stuttgart Reds, nun am Freitag und am Samstag zwei in Mainz, dann zwei weitere in Heidenheim. Ein hartes Auftaktprogramm – aber wer hat das nicht in dieser ausgeglichenen Liga?

Zum Saisonauftakt hätten die Disciples den Heimvorteil gut gebrauchen können. Die erste Partie in Stuttgart begann mit einer beeindruckenden Offensivleistung, endete im Debakel: In den ersten beiden Innings schlugen die Infielder Christoph Ziegler, Josh Petersen und Mitch Stephan, Catcher Rufio Schulz und die Outfielder Gabriel Sandersius und Cedric Bassel dem Reds-Pitcher Thomas de Wolf acht Hits um die Ohren. Nach vier Innings führten die Disciples 9:4, dann kippte das Spiel. Gegen die Reliever gingen die Reds im achten Inning in Führung. Im neunten Inning lagen die Disciples noch einmal mit 12:11 vorne, aber Stuttgart durfte als Gastgeber nachschlagen, kam mit 12:12 ins Extra-Inning. In diesem brachte die Disciples-Artillerie die Gäste noch einmal mit 15:12 in Front, aber die Entscheidung war das immer noch nicht: Stuttgart gewann in der unteren Hälfte des zehnten Innings 17:15.

Freilich fehlte den Disciples ihr Starter, der Nationalpitcher Lukas Steinlein, der erst am Dienstag aus Südafrika zurück kam. Gegen uns wird der 24-Jährige sicherlich spielen.

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Rufio Schulz wartete schon im vergangenen Jahr am Hartmühlenweg auf die Pitches von Gabriel Sandersius. Sein Bruder Marcel war auf Mainzer Seite so früh in der Saison noch ein Einwechselspieler.

Unser Outfielder Marcel Schulz, der den Winter ebenfalls in Kapstadt verbrachte, hat familiäre Verbindungen zu den Disciples: Rufio Schulz, der nur in offiziellen Dokumenten Wolfgang Anthony Schulz genannt wird, ist sein Bruder. „Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass er der bessere Schulz ist“, sagt unser Spieler, der ältere der Brüder. „Wir sind sehr unterschiedliche Typen. Er war immer der Kräftigere, haut mit mehr Kraft, spielt auch eine völlig andere Position. Ich war immer nur schneller als er.“ Beide tragen die Rückennummer 37, aber das, sagt Marcel, sei Zufall. Die Nummer habe ansonsten keine besondere Bedeutung in der Familie.

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Inzwischen hat sich Marcel Schulz als Rightfielder durchgesetzt. „Er hat einen super ersten Eindruck hinterlassen“, sagte Coach Ulli Wermuth vor der Saison.

Die Saison in Südafrika war der erste große Auslandsaufenthalt unseres Outfielders. Sportlich war es kein allzu erfolgreiches Intermezzo: Schulz‘ Team, die Goodwood Spartans, stieg nach nur einem Jahr wieder aus der Western Province Major League ab. „Wir haben oft ziemlich hoch verloren“, sagt Schulz, „die haben uns dominiert.“ Trotzdem hat es sich gelohnt: „Ich kann nur bestätigen, was jeder von solchen Auslandsgeschichten erzählt. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich es nochmal machen.“ Strukturell ist die Major League vergleichbar mit der Bundesliga: „Es gibt einige Spieler, die ein bisschen Geld oder eine Unterkunft kriegen“, berichtet Schulz. „Je nachdem, wo man spielt, kann man auch mal ein Auto gestellt bekommen. Und es gibt ein paar Teams, die Bundesliga spielen könnten.“ Allerdings sind die Wege kürzer: Länger als eine halbe Stunde waren die Spartans, bei denen auch der Paderborner Pitcher Philipp Neuhäuser spielte, nie unterwegs.

Die Vorbereitung in Mainz hat Schulz damit verpasst, geschadet hat es ihm nicht. „Er hat einen super ersten Eindruck hinterlassen“, sagte Ulli Wermuth kurz vor unserer Generalprobe in Bonn; nach den beiden Niederlagen bei den Capitals hob unser Coach den Rightfielder als einzigen Angreifer heraus: „Er hat sehr gut gehauen.“ Im Auftaktspiel gegen die Heidenheim Heideköpfe scorte Schulz drei Runs zum 2:1, 4:4 und 6:6, im zweiten fehlte ihm die Effizienz.

Vor dem nächsten Gegner seiner Mainzer Mannschaft hat Schulz hat großen Respekt. „Letztes Jahr haben sie uns in Haar zweimal geschlagen und hier eins gewonnen“, sagt unser 37er. „Das wird krass. Wir gehen nicht mit der Einstellung rein, dass wir diese Spiele auf jeden Fall holen werden.“

In der Tat ist es spannend, die Disciples zu beobachten. Seit 2010 werden sie jedes Jahr Vierter im Süden, wobei sie unsere alte Aufgabe übernommen haben, jedes Jahr im Playoff-Viertelfinale gegen Solingen auszuscheiden. Trotz der Auftaktniederlagen – das zweite Spiel gewannen die Stuttgarter mit 3:2 – sind die Schwarz-Gelben auch 2015 ein klarer Playoffkandidat.

„Haar hat eine bessere Mannschaft als im Vorjahr“, sagt Wermuth sogar, trotz zweier schwerwiegender Verluste: Shortstop Joey Dyche war nicht zu halten, Catcher David Selsemeyer wechselte erst ganz kurz vor dem Saisonbeginn zu den Solingen Alligators. Beim deutschen Meister, für den Selsemeyer schon 2013 spielte, ersetzt er den am Knie operierten Julian Steinberg. Als Nachfolger holten die Disciples kurzfristig den 26-jährigen José Palacios, einen Argentinier mit spanischem Pass. Außerdem neu im Team sind Richard Klijn (Regensburg Legionäre), Gregor Piehler (Ingolstadt Schanzer), Ty Eriksen, der zwischenzeitlich beim Regionalligisten München Caribes und im Schweizer Spitzenteam Therwil Flyers gespielt hatte, und Moritz Polixa, der nach einem Jahr in Argentinien wieder nach Deutschland kam.

Im ersten Spiel werden wir es also mit Steinlein zu tun haben, im zweiten mit Gabriel Sandersius. Für unseren Starter Jan-Niclas Stöcklin ist der US-Pitcher der beste Linkshänder der Liga. „Unser Ziel ist, am Freitag und am Samstag in den Bullpen zu kommen“, sagt Stöcklin. „Schon gegen Heidenheim haben wir gesehen, dass dann unsere Chance kommt. Haar ist nach den Niederlagen im Kampf um die Playoffs jetzt schon in Zugzwang. Sie müssen gegen die direkte Konkurrenz punkten.“ Wohingegen wir unseren guten Saisonstart ausbauen wollen – und sich jetzt schon einen spürbaren Vorsprung auf einen direkten Konkurrenten zu erarbeiten, wäre auch nicht schlecht. cka

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